"Telekomgate": Die Deutsche Telekom soll seit dem Jahr 2000 bespitzelt haben

"Die Informationen legen nahe, dass der ehemalige Monopolist jahrelang ein Spitzelsystem gegen Journalisten und Spitzenkräfte unterhalten hat", berichtet die "Financial Times Deutschland".

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Von
  • Jürgen Kuri

"Telekomgate" titelt die Süddeutsche Zeitung bereits in ihrem jüngsten Online-Bericht zur Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom – die Affäre nimmt nach neuen, aus dem Unternehmen aufgetauchten Informationen tatsächlich immer größere Ausmaße an. Schon dass die Telekom die Telefon-Verbindungsdaten von Managern und Aufsichtsräten des Unternehmens durchforscht hat, um Kontakte zu Journalisten und damit angebliche Informationslecks aufzudecken, ist ein Skandal. Spätestens mit Informationen über angeblich in Redaktionen platzierten Spitzeln und Vorwürfen, die ehemalige Konzernleitung unter Kai-Uwe Ricke und Ex-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel habe direkt oder indirekt die Bespitzelung angeordnet, wird daraus eine handfeste Affäre, die den Überwachungsskandal bei Hewlett-Packard, der der Aufsichtsratsvorsitzenden Patricia Dunn und einigen Mangern den Job kostete, in den Schatten stellt.

Nun tauchen zusätzlich Informationen auf, dass die Deutsche Telekom viel früher als bisher bekannt Spitzelaufträge erteilt hat, um Informanten aus dem Konzern auf die Schliche zu kommen: "Die Informationen legen nahe, dass der ehemalige Monopolist jahrelang ein Spitzelsystem gegen Journalisten und Spitzenkräfte unterhalten hat", berichtet die Financial Times Deutschland. Danach erteilte das Unternehmen dazu bereits im Jahr 2000 Aufträge. Diesen Spitzelauftrag 2000 habe ein Mitarbeiter vergeben, der später zum Leiter der Telekom-Konzernsicherheit aufgestiegen sei. Unklar ist nach Angaben der Zeitung aber, in wessen Auftrag er gehandelt habe. Vorstandschef war damals Ron Sommer.

Für den Spitzelauftrag 2000 wurde nach Informationen der Zeitung die Berliner Control Risks Group (CRG) als Partner gewählt. "Wir haben dazu nichts in unseren Unterlagen gefunden. Wenn es so gewesen sein sollte, wäre das ein klarer Verstoß gegen sämtliche internen Ethikrichtlinien", sagte Jürgen Stephan, seit 2003 CRG- Geschäftsführer. Die gesamte Abteilung Corporate Investigations sei Anfang des Jahrzehnts ausgetauscht worden. Control Risks habe interne Untersuchungen eingeleitet und nehme die Vorwürfe sehr ernst, sagte Stephan laut Angaben der "Financial Times Deutschland".

Nach weiteren Angaben des Blattes suchte als Subunternehmen für den ehemaligen Staatskonzern die von Ex-Geheimdienstlern gegründete Berliner Wirtschaftsdetektei Desa nach einem Leck bei der Telekom. Im Visier habe dabei unter anderem ein Reporter der Financial Times Deutschland gestanden. Die Methoden seien weit über das für die Jahre 2005 und 2006 bekannte Auswerten von Telefonverbindungen hinausgegangen. Die privaten Fahnder versuchten sogar, mit versteckter Kamera Hinweise auf die Kontaktperson des Reporters zu finden. Dies lege nahe, dass die Telekom jahrelang ein Spitzelsystem gegen Journalisten und ihre Spitzenkräfte unterhalten habe, resümierte das Blatt. Ein Konzernsprecher sagte, der Fall sei dem Unternehmen nicht bekannt.

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(jk)