Zähe Verhandlungen um Regelung zu heimlichen Online-Durchsuchungen im BKA-Gesetz

Nach Ansicht von Dieter Wiefelspütz, dem Innenexperten der SPD-Bundestagsfraktion, wird wegen weiterem Gesprächsbedarf nichts aus der geplanten Verabschiedung der neuen Befugnisse fürs BKA schon am kommenden Freitag.

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SPD und Union ringen hart um eine Einigung über Änderungspläne am heftig umstrittenen Entwurf der Bundesregierung für die Novelle des Gesetzes fürs Bundeskriminalamt (BKA). "Wir haben gute Fortschritte gemacht", erklärte Dieter Wiefelspütz, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, nach der gestrigen zweiten Verhandlungsrunde gegenüber heise online. Es gebe aber noch eine Reihe offener Fragen, sodass noch zwei oder drei weitere Koalitionsgespräche erforderlich seien. Er gehe daher davon aus, dass die bereits für Freitag geplante Verabschiedung des Vorhabens zur Ausweitung der BKA-Befugnisse in den abschließenden Lesungen zunächst wieder von der Tagesordnung für die Plenarsitzung des Parlaments abgesetzt und der Termin verschoben werde.

Besonders umkämpft ist laut Wiefelspütz noch der Bereich der vorgesehenen heimlichen Online-Durchsuchungen. Die Sozialdemokraten würden hier auf einer Befristung der im Raum stehenden Lizenz zum Ausforschen informationstechnischer Systeme bestehen. Zudem sähen sie den Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung – im Einklang mit vielen Sachverständigen bei einer parlamentarischen Anhörung zum BKA-Gesetz – noch nicht ausreichend gewährleistet. Auch gebe es Nachbesserungsbedarf bei den Benachrichtigungspflichten: "Der Bürger muss Kenntnis bekommen, wenn seine Festplatte ausgespäht wurde", betonte Wiefelspütz. Weiter sollte es eine gründliche Evaluierung der neuen Kompetenzen geben. Beschäftigen müssten sich die Koalitionsrunden ferner noch mit Eilfallregelungen und den Auskunftspflichten von Geistlichen, Strafverteidigern und anderen sogenannten Berufsgeheimnisträgern.

SPD-Rechtsexperten betrachten das geballte Vorhaben als "unheimlichen Instrumentenkasten". Das BKA soll mit der Reform nicht nur den "Bundestrojaner" einsetzen, sondern unter anderem auch bundesweit präventiv Rasterfahndungen, große Lausch- und Spähangriffe oder Telekommunikationsüberwachungen durchführen dürfen. Der Union gehen die vom Bundeskabinett verabschiedeten Kompetenzen dagegen noch nicht weit genug. Politiker von CDU und CSU liebäugeln etwa damit, den Ermittlern nach Vorbild des bayerischen Polizeiaufgaben- und Verfassungsschutzgesetzes für den Zugriff auf IT-System auch das heimliche Betreten von Wohnungen zu erlauben.

In Bayern verhandeln derweil CSU und FDP nach der Wahlschlappe der Schwarzen über den Start einer Koalition. Zu den "Knackpunkten" gehört laut der Verhandlungsführerin auf Seite der Liberalen, der früheren Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Änderungen bei den gesetzlichen Bestimmungen zu verdeckten Online-Durchsuchungen und am neuen Versammlungsrecht. Dabei seien zumindest die anstehenden Revisionen der entsprechenden Gesetze für Nachjustierungen zu nutzen, heißt es bei der FDP. Weiter müsse der Zugriff auf die Datenberge, die mit den bundesweiten Verpflichtungen zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten entstehen, bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt werden.

Die Liberalen hatten zuvor mit Wahlplakaten wie "Die CSU will alles kennen – auch den Inhalt Ihrer Festplatte" ihre Kampagne "Freistaat statt Überwachungsstaat" gefahren und damit in der Wählergunst rapide von 2,8 auf acht Prozent der Stimmen zugelegt. Die Erwartungen an eine neue Ausgestaltung der Innenpolitik dürften damit bei den FDP-Unterstützern besonders hoch sein.

Zu den Auseinandersetzungen um Überwachung und Datenschutz, um die Terrorismusbekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)