Telekom Austria verrät Nutzerdaten an Porno-Industrie

Anwälte der Porno-Industrie verschicken Abmahnungen an Kunden von Telekom Austria, die Pornodateien über Tauschbörsen bezogen haben sollen.

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Die Telekom Austria (TA), Österreichs größter Internetprovider, gibt der Porno-Industrie Auskunft darüber, welche Kunden welche IP-Adressen wann genutzt haben. Dies berichtet das Nachrichtenmagazin Format in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe. Die Folge der Informationsweitergabe ist demnach eine Welle von Anwaltsschreiben, in denen von TA-Kunden Zahlungen für angebliche Urheberrechtsverletzungen gefordert werden. Ob die TA die Daten überhaupt weitergeben darf, ist umstritten. Kurt Einzinger, scheidender Generalsekretär des Providerverbandes ISPA, empfiehlt seinen Mitgliedern "ohne richterlichen Auftrag keine Auskunft zu erteilen".

Aktuell Betroffen sind TA-Kunden, über deren Anschlüsse das P2P-Netz eDonkey zur Übertragung von Pornodateien genutzt worden sein soll – bisweilen auch unwissentlich, da die verfügbaren Dateien nicht immer korrekt benannt sind. Die Vorarlberger Rechtsanwaltskanzlei Längle Fussenegger Singer, die eine eigene Inkassoabteilung betreibt, fordert eine Pauschale von 790 Euro pro Datei und droht bei Nichtzahlung mit einer Klage über 36.000. "Die Angst ist vielfach so groß, dass die Angeschriebenen bereit sind, alles auf sich zu nehmen, um nur sicherzustellen, dass die Sache niemand erfährt", berichtete der Anwalt Johannes Öhlböck, der mehrere Beschuldigte vertritt, dem Format.

Der deutsche Verein zur Hilfe und Unterstützung gegen den Abmahnwahn e.V. führt eine Liste von einschlägig aktiven Anwälten. Für Österreich wird nur Längle Fussenegger Singer gelistet. Zu deren Auftraggebern sollen Firmen wie Hustler Europe und die Wuppertaler Muschi Movie INO GmbH gehören. Die Vorarlberger Kanzlei hat angegeben, die Userdaten unter Berufung auf Paragraph 87b Abs 3 Urheberrechtsgesetz erhalten zu haben.

Gegenüber dem ORF hat die TA erklärt, aufgrund eines 2005 ergangenen Urteils des Obersten Gerichtshofs (OGH) zur Herausgabe der Daten verpflichtet zu sein. Juristische Gegenwehr sei damals erfolglos geblieben. Der als Fachmann für Internetrecht bekannte Salzburger Richter Franz Schmidbauer widerspricht jedoch: "Wenn jemand Auskunft gibt, dann gibt er freiwillig Auskunft." Derzeit bestehe keine zivilrechtliche Auskunftspflicht. Dies könnte sich allerdings ändern: Der OGH hat vergangenes Jahr in einem Verfahren einer Rechteverwertungsgesellschaft gegen einen Internetprovider den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ersucht, die Vereinbarkeit des Paragraphen 87b Urheberrechtsgesetz mit dem EU-Recht zu überprüfen. Die Entscheidung steht noch aus. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)