Gericht begründet Bildersucheverbot gegen Google

In seiner schriftlichen Begründung zum Urteil gegen Googles Bildersuche übt das Landgericht Hamburg Kritik an der Urheberrechtsgesetzgebung.

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Von
  • Joerg Heidrich

Anfang der Woche sorgte eine Nachricht für heftiges Rauschen im Blätterwald, wonach das Landgericht Hamburg dem Suchgiganten Google die Darstellung bestimmter Bilder im Rahmen seiner Bildersuche verboten hat. Weil eine schriftliche Begründung des Gerichts noch nicht vorlag, machten ungenaue Darstellungen des Sachverhalts die Runde in diversen Veröffentlichungen. heise online liegt das bislang noch nicht veröffentlichte Urteil vom 26. September (Az.: 308 O 42/06) nun im Volltext vor.

Überraschend ist zunächst, dass – entgegen den Pressemeldungen über die Entscheidung – Kläger des Verfahrens nicht der Zeichner der "PsykoMan"-Comics selbst war, sondern ein Lizenznehmer aus Hamburg. Dieser hatte in der Vergangenheit nach eigenen Angaben Poster, Postkarten und Textilien mit den Zeichnungen vertrieben. Der Rechteinhaber begründet sein Vorgehen in der Klage unter anderem damit, dass die über Google angebotenen, stark verkleinerten Motive "für Handys oder als Schlüsselanhänger" genutzt werden könnten. Nach seiner Ansicht sei es Suchmaschinenbetreibern technisch möglich und zumutbar, bestimmte Motive aus der Suche auszuschließen. Sollte dies nicht möglich sein, so könnten auch "textlich gestaltete Trefferlisten" ausgeworfen werden.

Beklagte des Verfahrens war die Google, Inc. mit Sitz in den USA. Die Zuständigkeit der deutschen Justiz begründet das Gericht damit, dass die im Streit stehende Urheberrechtsverletzung in Deutschland begangen wurde. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass die Bilder nicht auf Servern innerhalb der Bundesrepublik gespeichert sind. Nach Ansicht der Richter stellt die Nutzung der fünf Bilder im Rahmen der Bildersuche von Google eine Urheberechtsverletzung dar. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Unterlassung aus § 97 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Zudem stehe ihm ein Anspruch auf Auskunft hinsichtlich des Umfangs der Bildernutzung sowie auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung zu. Letztere schränkte das Gericht allerdings erheblich ein und setzte den Streitwert statt der vom Kläger angesetzten 200.000 Euro auf 30.000 Euro fest.

Keine Rechtsverletzung sah das Gericht zunächst in der Darstellung der Werke in Form des Framing sowie im Setzen eines Deep-Links auf die Inhalte. Die Verwendung der Bilder in der Suche stelle jedoch einen Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Lizenznehmers nach § 19a UrhG dar. Weder habe der Rechteinhaber der Nutzung zugestimmt, noch greife zugunsten von Google eine so genannte Schrankenregelung, also eine gesetzliche Ausnahme, wie etwa das Zitatrecht oder die Katalogbildfreiheit. Google USA hafte für die Rechtsverletzung unmittelbar als Täter, da nicht lediglich technische Leistungen erbracht werden, sondern eine eigenständige und auch wirtschaftlich relevante Nutzung des Werks erfolge. Dem stehe auch nicht entgegen, dass jeder Betreiber einer Website durch entsprechende Programmierung das Auffinden von Inhalten beeinflussen und die Indexierung durch die Suchmaschine ausschließen könne.

Richtig zufrieden mit dem Ergebnis ihrer mehr als zweijährigen Rechtsfindung scheinen die Richter allerdings nicht zu sein. So wird in dem Urteil ausdrücklich auf die essenzielle Bedeutung hingewiesen, die Suchmaschinen für die "Funktionsfähigkeit einer vernetzten Gesellschaft" darstellen. Gleichwohl sehe sich die Kammer "nicht in der Lage" auf Grundlage der bestehenden Gesetze zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Es sei vielmehr Sache des Gesetzgebers und nicht der Gerichte, das Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem effizienten Zugang zu grafischen Informationen im Netz einerseits und dem wirtschaftlichen Interesse des Rechteinhabers andererseits aufzulösen. Dieser Problematik sei sich der Gesetzgeber zwar bewusst, ein Privileg der Anbieter von Suchmaschinen habe er aber bislang nicht in die entsprechenden Gesetze aufgenommen.

In einer ersten Stellungnahme zu dem Urteil rief der Providerverband eco den Gesetzgeber dazu auf, das Thema Verantwortlichkeit von Suchmaschinenbetreibern "endlich so zu regeln, dass wieder Rechtssicherheit herrscht". Andernfalls hätte das Urteil die Konsequenz, dass alle Anbieter von Bildersuchen im Internet ihre Bildersuchmaschinen für deutsche Nutzer abschalten müssten. Dies wäre nach Ansicht von eco "gegen die Interessen von Millionen von Nutzern und würde darüber hinaus Arbeitsplätze auch bei Webseiten-Betreibern und Kreativen gefährden".

Google hat nach eigenen Angaben gegen das Urteil bereits Berufung zum OLG Hamburg eingelegt und den Gang bis zum Bundesgerichtshof angekündigt. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Sache ist der Suchmaschinenbetreiber nicht verpflichtet, die Vorgaben des LG Hamburg einzuhalten. Besteht der Kläger dennoch auf einer vorläufige Vollstreckung des verhängten Verbots, so muss er laut Urteil eine Sicherheitsleistung von 100 Millionen Euro vorstrecken. (Joerg Heidrich) / (hob)