Gutachten: Wissenschaftler wandern aus Deutschland ab

Deutschland leidet unter einer Abwanderung von Forschern und Entwicklern, andere europäische Länder profitieren hingegen von Zuwanderung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Bundesregierung.

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Von
  • Tim Gerber

Die Bundesregierung ist mit ihrer Politik im weltweiten Wettbewerb um die klügsten Köpfe weitegehend gescheitert. Dies ist das Urteil einer noch unveröffentlichten Studie, die diese Woche im Bundeskanzleramt an Regierungschefin Angela Merkel (CDU) übergeben werden soll, berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe. Das Gutachten wurde von der von der Bundesregierung eingesetzeten Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) erstellt. Demnach verliere Deutschland viele der besten Wissenschaftler durch Abwanderung ins Ausland. "Insbesondere für die Besten scheint das deutsche Forschungssystem derzeit nicht attraktiv genug zu sein", bemängeln die sechs von der Bundesregierung als Berater bestellten Wirtschaftsprofessoren in ihrem Gutachten. Der Befund der Experten stelle die Wirksamkeit der Rückholprogramme in Frage, für die Staat und Wissenschaftsorganisationen Millionen Euro ausgeben. Trotz des Werbens um Forscher seien zwischen 1996 und 2011 rund 4000 Wissenschaftler mehr ins Ausland abgewandert als ins Land kamen.

Begutachten im Auftrag der Bundesregierung die Innovationsfähigkeit: Christoph Böhringer, Monika Schnitzer, Dietmar Harhoff, Alexander Gerybadze, Uschi Backes-Gellner und Dominique Foray (v.l.n.r.).

(Bild: EFI)

Andere europäische Länder wie die Schweiz, Österreich, Schweden oder Belgien wiesen dem Gutachten zufolge hingegen einen positiven Saldo auf. Insbesondere die Schweiz schaffe es, den "Wissenspool konsequent durch einen Neuzufluss" aufzuwerten und die Besten zurückzugewinnen, heißt es. Gemeinsam mit den USA rekrutierten die Eidgenossen mehr als "50 Prozent aller deutschstämmigen im Ausland aktiven Erfinder".

Bereits in ihrem Jahresgutachten 2013 (PDF) hatten die EFI-Experten wie schon in den Jahren zuvor eine weitere Öffnung Deutschlands und Erleichterungen für den Zuzug qualifizierter Einwanderer gefordert. "Staaten wie Kanada haben zielführende Systeme eingerichtet, die besonders hoch qualifizierte Personen anziehen und gut in das Land integrieren. Deutschland kann von diesen Beispielen lernen", raten die Gutachter. Sie bemängeln auch, dass die Initiativen zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse bislang nicht erfolgreich seien und die Potentiale von Frauen in Wissenschaft und Forschung ebenfalls zu wenig genutzt würden. (tig)