Netzneutralität: Netflix bezahlt Provider Comcast für bessere Datenleitung

Netflix überweist Comcast namhafte Beträge, damit die Videostreams besser flutschen. Eine knappe Pressemitteilung lässt viele Fragen offen.

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Netflix hat in den USA für viele Zuschauer das Fernsehen abgelöst. Filme und Serien lassen sich jederzeit anschauen und das ohne Werbespots.

(Bild: dpa, Justin Lane)

Stremaing- und Videoanbieter Netflix hat sich mit dem größten US-Kabelnetzbetreiber Comcast auf ein Abkommen verständigt, "das Comcasts Breitbandkunden in den USA ein hochqualitatives Netflix-Videoerlebnis für mehrere Jahre bescheren wird". So steht es in einer am Sonntag veröffentlichten, kurzen Mitteilung der beiden Unternehmen. Demnach soll eine "direktere Verbindung" zwischen Netflix und Comcast eingerichtet werden. "Netflix enthält keine bevorzugte Behandlung im Netz (von Comcast)", wird noch festgehalten. Weitere Details bleiben geheim. Laut New York Times wird Netflix jährlich mehrere Millionen Dollar zahlen.

Comcast ist nicht nur der mit Abstand größte Kabelnetzbetreiber der USA, sondern auch der größte Medienkonzern weltweit. Zu Comcast gehören mehrere TV-Sender, das Filmstudio Universal Pictures, die Universal-Vergnügungsparks und andere Unternehmen. Also ist Comcast auch Lieferant von Filmen für Netflix.

Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet, dass Inhalte im Internet gleichberechtigt ihren Weg finden. Vor allem Provider und Carrier wollen aber beispielsweise für Videos extra zu bezahlende Überholspuren einbauen. Für User entstünde ohne Netzneutralität ein Zweiklassen-Internet.

Zudem ist Comcast dabei, den zweitgrößten US-Kabelbetreiber, Time Warner Cable (TWC), zu übernehmen. Die entsprechenden behördlichen Genehmigungen stehen noch aus. TWC besitzt selbst einige Fernsehkanäle. Seit 2009 gehört die Firma nicht mehr zur Time Warner Gruppe, hat aber den Namen beibehalten.

Netflix ermittelt laufend die Bandbreite, die Abonnenten beim Streamen von Netflix-Filmen über ihren jeweiligen Internetanschluss erreichen. Die monatlichen Durchschnittswerte werden aufgeschlüsselt nach Internet Service Provider (ISP) veröffentlicht. Aus diesen Zahlen geht hervor, dass die durchschnittliche Bandbreite bei Comcast-Anschlüssen zuletzt stark zurückgegangen ist. Im Januar lag der Wert mit 1,51 Mbit/s mehr als ein Viertel unter dem Wert vom Oktober (2,07 MBit/s).

Auch Kunden einiger anderer ISP waren von Bandbreitenschwund betroffen, darunter jene Verizons. Über die Ursachen wird intensiv diskutiert. Manche bezichtigen die ISP, den Netflix-Verkehr absichtlich auszubremsen oder Systeme nicht an das gestiegen Datenvolumen anzupassen, um ihre eigenen Videoangebote besser verkaufen zu können. Andere sehen die Schuld bei zwischengeschalteten Netze wie jenem von Cogent Communications, die an der Kapazitätsgrenze angelangt sein sollen.

Netflix wünscht sich schon lange direkte Verbindungen zwischen seinen Servern und den Endkunden-Providern. Damit könnte Netflix die mit Content Delivery Networks (CDN) verbundenen Unsicherheiten und Kosten umgehen. Mit einigen kleineren ISP konnte sich Netflix auch auf direkte Verbindungen einigen. Die größeren ISP wollten dafür aber Geld sehen.

Dieser Forderung hat sich Netflix lange Zeit widersetzt, nun aber beigegeben. Die grundsätzliche Einigung wurde laut Wall Street Journal auf der CES in Las Vegas zwischen den Chefs von Netflix und Comcast persönlich erzielt. Netflix' ursprünglicher Wunsch, eigene Server direkt bei Comcast zu installieren, sei dabei nicht berücksichtigt worden. Der endgültige Vertrag sei schließlich vor einigen Tagen unterzeichnet worden. Ob respektive wieviel mehr Netflix an Comcast zahlt, als die Dienste Cogents gekostet haben, ist nicht bekannt.

US-Medien sehen in dem Abkommen einen Meilenstein der Internetgeschichte, insbesondere im Kampf um Netzneutralität. Für diese Einschätzung spricht, dass Netflix die mit Abstand größte Datenverkehrsquelle im US-Netz ist und erstmals viel Geld an einen Endkunden-ISP zahlen muss. Dagegen spricht, dass Netflix Dienste, die es bisher von Dritten bezogen hat, nun durch eine direkte Leistung des Zielnetzbetreibers ersetzt. Außerdem soll das Abkommen die Datenströme innerhalb des Comcast-Netzes nicht beeinflussen. (jk)