Experten lehnen Gesetzesvorschlag für Informantenschutz ab

Bei einer Anhörung des zuständigen Bundestagsausschusses lehnten die geladenen Sachverständigen den Vorschlag für eine Normänderung des BGB zum Informantenschutz von Arbeitnehmern aus unterschiedlichen Gründen ab.

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Verbände und Sachverständige lehnten einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung für mehr Informantenschutz bei einer Anhörung des Bundestags mehrheitlich ab. Die geplante Normänderung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) soll den Informantenschutz für Arbeitnehmer verbessern. Dazu hatte der Bundestagsausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am heutigen Dienstag in Berlin eine öffentliche Anhörung zum geplanten §612a des BGB für so genanntes "Whistleblowing" abgehalten.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) befürchtet, dass Arbeitnehmer sich künftig an Dritte wenden können, ohne dass es vorher einen innerbetriebliche Lösungsversuch gegeben hat. Nach der geplanten Normänderung könnten Dritte eingeschaltet werden, wenn der Arbeitnehmer keine ausreichende innerbetriebliche Lösung zu erwarten habe. Auch die Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e.V. warnt davor, dass Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf diese Weise auch grundlos unter Druck setzen und den Ruf eines Unternehmens "in kaum wieder gutzumachender Form" beschädigen könnten. Auch der Arbeitsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ist der Auffassung, dass die geplante Änderung nicht Gesetz werden darf. Ein Gesetz müsse einen angemessenen Interessenausgleich schaffen und missbräuchlichen Denunziationen entgegenwirken.

Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure e.V. hingegen unterstützt "ganz vehement eine Regelung für den Informantenschutz". Der erforderliche Kontrolldruck könne durch die Lebensmittelüberwachung nicht flächendeckend aufgebaut werden. In manchen Bundesländern komme ein Kontrolleur auf 2000 Unternehmen – ohne Hinweisgeber könnten gravierende Mängel nicht aufgedeckt werden. Den Entwurf hält der Verband aber für unzureichend, weil er vor Sanktionen im Arbeitsbereich, etwa Mobbing, nicht schütze. Außerdem ermögliche er nicht die anonyme Meldung von Missständen. Der Verband fordert für die Hinweisgeber eine Wahlmöglichkeit, sich auch außerhalb des Unternehmens zu offenbaren. Eine Wahlmöglichkeit forderten auch die geladenen Experten, der Rechtsanwalt Björn Rohde-Liebenau und Whistleblower-Netzwerk-Vorstand Guido Strack, die beide in der Normänderung keinen wesentlichen Schutz für Hinweisgeber sehen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt die Neufassung des Paragraphen, da diese "mehr Transparenz und Rechtssicherheit" schaffe. Die Normänderung entspreche der bestehenden Rechtslage aufgrund der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesarbeitsgericht. Sie fördere weder Denunziantentum, noch werde der Arbeitgeber erpressbar, da sich kein Arbeitnehmer eine Anzeige während eines laufenden Arbeitsverhältnisses leicht machen werde. Gleichwohl banne die Regelung nicht die Gefahr, dass andere Gründe für eine Kündigung vorgeschoben werden. Das Recht zur Anzeige bestehe außerdem nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten vorliegen. Bei Gesetzesverstößen gebe es keinen Vertrauensschutz, gegen den ein Arbeitnehmer durch seine Anzeigen verstoßen könnte.

Auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hält die geplante gesetzliche Regelung für "dringend geboten". Die Aufdeckung von Arbeitnehmerbespitzelungen wie bei Lidl und Burger King, Schmiergeldzahlungen wie bei Siemens oder Datenmissbrauch wie bei der Deutschen Telekom würde damit erleichtert. Mit dem Gesetz gäbe es ein klares Anzeigerecht, die Motive des Arbeitnehmers spielten keine Rolle mehr. Sie fordert nun, dass die Regelungen auch auf Beamte und arbeitnehmerähnliche Personen ausgedehnt werden. / (Christiane Schulzki-Haddouti)

Hinweis: Die Autorin ist freie IT- und Medienjournalistin und zugleich Vorstand im Whistleblower-Netzwerk e.V. (vbr)