Abwrackprämie online: Behörde hält an Dienstleister Arago fest

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hält am Dienstleister Arago fest, der nach wie vor "fieberhaft" versucht, das Antragsverfahren auf HTTPS-Verschlüsselung umzustellen. Unklarheit herrscht über die Zahl ungültiger Anträge.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Auch nach der gestern verkündeten Aufstockung der Abwrackprämie für Pkw, die neun Jahre oder älter sind, auf maximal 2 Millionen Prämien zu je 2500 Euro, stößt das zum 30. März neu eingeführte Online-Reservierungsverfahren weiterhin auf Kritik.

Zwar ist die Website, über die Antragsteller die offiziell Umweltprämie (UMP neu) genannte Subvention reservieren können, anders als während der chaotischen Startphase nunmehr auch tagsüber problemlos erreichbar, doch erfolgt die Datenübertragung auch kurz vor dem Osterfest weiterhin unverschlüsselt. Ursprünglich hatte ein Sprecher des für die Auszahlung der Abwrackprämie zuständigen Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angekündigt, dass Personen- und Fahrzeugdaten ab dem 1. April via HTTPS übertragen werden sollten.

Am heutigen Gründonnerstag teilte die Behörde gegenüber heise online mit, dass an der Verschlüsselung weiterhin "mit Hochdruck gearbeitet" werde, derzeit werde das erforderliche Zertifikat erstellt. Auch will das BAFA an dem in die Kritik geratenen IT-Unternehmen Arago, das die Website ump.bafa.de hostet, festhalten: "Ein Wechsel des Dienstleisters kommt aus Sicht des BAFA nicht in Betracht", erklärte eine BAFA-Sprecherin gegenüber heise online.

Nach Recherchen von Telepolis hatte der IT-Dienstleister Babiel, der seit längerem für den übrigen Webauftritt des BAFA (unter www.bafa.de) verantwortlich ist, am 10. März 2009 eine Vorabversion der Arago-Software in Augenschein genommen und vor der Inbetriebnahme in dieser Form gewarnt. Dennoch habe sich die zuständige Fachabteilung des BAFA für Arago entschieden. Zwischenzeitlich hatte Babiel auf seiner Website betont, nicht für das Hosting der "UMP neu" verantwortlich zu sein; im Impressum der BAFA-Website findet sich bis heute ein dementsprechender Hinweis in Rotschrift.

Völlig unklar bleibt unterdessen, wie hoch der Anteil ungültiger Online-Reservierungen ist. Laut der regelmäßig aktualisierten Fördermittelübersicht des BAFA sind bis zum 9. April 747.706 UMP-neu-Reservierungen eingegangen. Rechnet man die Zahl gemäß dem bis zum 29. März gültigen Verfahren auf dem Postweg übermittelten 476.059 Anträge hinzu, entsteht der Eindruck, dass bereits 1,22 Millionen Abwrackprämien beantragt wurden und entsprechend über 60 Prozent der aufgestockten Fördermittel verbraucht wären.

Da die Bundesregierung erklärt hat, dass die Abwrackprämie auf jeden Fall zum Jahresende auslaufen und keinesfalls erneut aufgestockt werden soll, könnte dieser Wert zu übereilten Autokäufen führen. Die große Unbekannte ist der Anteil ungültiger Anträge. Bei den schriftlichen Anträgen beträgt die Fehlerquote laut aktueller Schätzung des BAFA gerade einmal 4 Prozent, doch vermag die Behörde bis heute keine Einschätzung abzugeben, wie hoch ungültiger Online-Anträge ist.

Hierbei kann man von einer deutlich höheren Fehlerquote ausgehen: Erstens hatten – vor allem während der Startphase – zahlreiche Bürger, frustriert über Verbindungsabbrüche oder Fehlfunktionen der Internet-Applikation, es x-mal erneut versucht, bis sie eine vollständige Reservierung übermitteln konnten. Außerdem ist es wahrscheinlich, dass dem BAFA ferner eine Reihe von Nonsens-Anträgen übermittelt worden sind – sei es aus dem Grund, dass Nutzer fiktive Daten eingegeben haben, um das Online-Verfahren zunächst kennenzulernen oder weil sich schlicht jemand einen Scherz erlauben wollte. (ssu)