Blutet Wikipedia aus?

Die Menge der Artikel bei Wikipedia wächst weiterhin rasant, aber die Zahl der freiwilligen Mitarbeiter sinkt. Das Projekt droht an seiner überbordenden Bürokratie zu ersticken.

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Von
  • Tom Simonite

Wikipedia ist die Nummer 6 der Top 10 der meistbesuchten Webseiten der Welt. Der Umfang wächst stetig: Allein 4,4 Millionen Artikel enthält die englische Wikipedia. Hinzu kommen 26,4 Millionen Einträge in 286 anderen Sprachen.

Und doch ist das Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, „die Summe allen menschlichen Wissens zusammenzutragen“, in großen Schwierigkeiten. Das Heer der zigtausend ehrenamtlichen Redakteure ist seit 2007 um ein Drittel geschrumpft – und schrumpft weiter, wie Technology Review in seiner neuen Ausgabe 03/2014 berichtet (das Heft können Sie online bestellen).

Der Grund: Aufgrund des raschen Wachstums seit Gründung im Jahr 2001, blühte auch der Vandalismus und Nonsenseeinträge. Seit 2007 wurden Beiträge von Neulingen immer häufiger sofort durch Bots entfernt – wobei die automatischen Löschungen jene durch Redakteure inzwischen bei Weitem übersteigen.

Neulinge, die in ihren ersten Artikeln unweigerlich Fehler machten und von der Editier-Bürokratie abgemahnt wurden, waren rasch entmutigt. Sie gaben ihre Mitarbeit in Scharen wieder auf: Hatte die englische Wikipedia im Jahr 2007 noch 51.000 Zuarbeiter, waren es 2013 nur noch 31.000. „Die Phase seit 2007 bezeichne ich als den Abstieg der Wikipedia. Sie stranguliert sich offenbar selbst“, kommentiert Aaron Halfaker, der im vergangenen Jahr für die Wikimedia Foundation die bislang umfangreichste Studie der Misere erstellt hat. Dafür analysierte er mit Universitätsforschern aus Minnesota und Kalifornien die Log-Einträge der Artikel.

Die Folge: Unter den Wikipedianern dominieren technikinteressierte Männer aus westlichen Ländern – und damit auch die Ausrichtung der Einträge. „Unsere größte Baustelle ist die Vielfalt der Redaktion“, sagt Mitgründer Jimmy Wales.

Mehr zum Thema in Technology Review 03/2014:

(jlu)