Österreich: Nach Mobilfunk- werden auch Festnetz-Tarife teurer

Während die Mobilfunktarife in Österreich weiter steigen, erreicht die Teuerungswelle nun auch das Festnetz. Schuld könnte die hohe Marktkonzentration und ein deswegen verringerter Wettbewerb sein.

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"Verbindungsentgelte im Festnetz werden vereinfacht und angepasst." So beschreibt der österreichische Ex-Monopolist A1 (Telekom Austria) eine Preiserhöhung. Einfacher wird es wirklich: Es wird keinen Unterschied mehr machen, ob ein A1-Festnetzkunde eine inländische Festnetz- oder Handynummer anruft. Da Festnetzanschlüsse in Österreich aber eine untergeordnete Rolle spielen, sorgen Preissteigerungen bei Mobilfunktarifen für mehr Unmut.

Künftig ist es vom Preis her egal, ob Festnetzkunden ins Fest- oder Mobilnetz telefonieren.

(Bild: A1)

Ab 1. Mai kostet eine Minute Inlandstelefonie von einem A1-Festnetzanschluss mit Minutentaktabrechnung montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr 8,9 Cent beziehungsweise 6,9 Cent in der sonstigen Zeit. Gespräche zu anderen Festnetzanschlüssen in Österreich werden damit bis zu 5 Cent pro Minute teurer. Telefonate zu österreichischen Handys werden bis zu 10 Cent je Minute billiger. Die meisten Festnetzkunden werden etwas mehr zahlen.

Bei den alten, nach Tarifimpulsen abgerechneten Tarifen verändern sich die Preise in ähnlicher Weise. In diesen Verträgen sind aber schon bisher sowohl Grundentgelt als auch theoretische Minutenpreise höher, als in den Tarifen mit Minutentakt.

Die Grundgebühren im A1-Festnetz bleiben gleich, mit zwei Ausnahmen: Bei bestimmten älteren Verträgen steigt das monatliche Grundentgelt um 1,20 Euro. Und der aktuelle Kombitarif aus Festnetzanschluss samt DSL-Internetzugang mit 16 MBit/s im Downstream wird um einen Euro teurer. Dafür wird der maximale Upload von 1 auf 3 MBit/s beschleunigt. Beim anderen Kombitarif gibt es unterschiedliche Erhöhungen der Uploadbandbreite, ohne dass das Grundentgelt steigt.

Weil sich die Verbindungspreise ändern, haben alle A1-Festnetzkunden bis Ende April ein Sonderkündigungsrecht. Sie können ihren Vertrag ohne Strafzahlung außerordentlich kündigen, auch wenn er noch einer Mindestvertragsdauer unterliegt. Die korrekte Wortwahl hilft, Missverständnisse zu vermeiden: "Sonderkündigung" oder "außerordentliche Kündigung" im Kündigungsschreiben machen deutlich, dass es sich nicht um eine normale Kündigung mit Fristen handelt.

Mobilfunkpreisentwicklung Januar 2011 bis Dezember 2013

(Bild: RTR GmbH)

Schon seit Längerem steigen die Preise am österreichischen Mobilfunkmarkt. Verbraucherschützer stellen einen Zusammenhang mit der Marktkonzentration und dem dadurch gesunkenen Wettbewerb her. Drei (Hutchison) hat vergangenes Jahr den Mitbewerber Orange übernommen und dessen Diskonttochter Yesss an A1 weiterverkauft. Nun gibt es nur noch drei Netze: A1 mit den Zweitmarken Bob und Yesss, T-Mobile mit der Zweitmarke tele.ring, sowie Drei. Zudem hat die umstrittene Versteigerung von Frequenznutzungsrechten bei den Betreibern für akuten Geldbedarf gesorgt.

A1 hat Grundgebühren und Minutentarife bei A1 und Yesss angehoben und die günstigeren SIM-only-Tarife vom Markt genommen. Außerdem kostet schon alleine der Abschluss eines neuen A1-Vertrages 70 Euro. Und treue A1-Kunden müssen neuerdings 20 Euro drauflegen, wenn sie Treuepunkte einlösen.

Härter trifft es fast alle Bestandskunden von Bob; ihre Kosten steigen zum 3. März um bis zu 70 Prozent. Zum 1. Mai steigen schließlich für Bestandskunden jene Tarife, die "A1" und "Start" im Namen tragen, die aonMobil-Tarifgruppe, sowie die "Businessmobil"-Preispläne. Betroffene können ihren Vertrag außerordentlich kündigen und dürfen ihr Mobiltelefon behalten. Eine etwaige Nummernportierung sollte rechtzeitig eingeleitet werden.

Drei hat im Zuge der Übernahme von Orange neue Preispläne eingeführt und bietet das beliebte Roamingangebot 3LikeHome nicht mehr an. Die neuen Angebote im unteren Preissegment sind durch spürbare Tempobremsen beim Datenverkehr gekennzeichnet. Erst kürzlich kündigte Drei Preiserhöhungen für bestimmte Tarife an, die im Gegenzug mit einer Handyversicherung behübscht werden.

Auch T-Mobile hat voriges Jahr sein Tarifgefüge mit teilweise höheren Grundgebühren neu aufgestellt. Ein Tarif wurde inzwischen erhöht. Weitere Erhöhungen gibt es bislang zwar nicht, sie wurden diese Woche aber ausdrücklich nicht ausgeschlossen.

Zum Jahreswechsel hat die A1-Tochter Paybox, die Bezahlvorgänge über die Handyrechnung aller Betreiber abwickelt, ihr Angebot umgekrempelt. Die bisher kostenfreien Dienste "inside" und "public" wurden durch "Premium" ersetzt. Ab Juli sind dafür 18 Euro pro Jahr zahlen. Die Betroffenen wissen davon oft gar nichts.

Für die Verbraucherschützer der Arbeiterkammer und des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) ist diese einseitige Vertragsänderung illegal. Die aus dem Telecombereich bekannten gesetzlichen Sonderbestimmungen für einseitige Vertragsänderungen gibt es für den Finanzmarkt nämlich nicht. Der VKI hat Paybox inzwischen auf Unterlassung geklagt. (anw)