70 Jahre Fotokopie

Mit Ärger in einem Patentamt begann die Geschichte einer der erfolgreichsten Erfindungen der Neuzeit.

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Von
  • Detlef Borchers

10.-22.-38 ASTORIA: Heute vor 70 Jahren wurde im Labor von Chester Floyd Carlson im US-amerikanischen Astoria die erste Fotokopie erzeugt. Carlsons Assistent, der österreichische Physiker Otto Kornei, hatte die Daten mit Tusche auf einen Glasträger geschrieben und diesen auf eine mit Schwefel überzogene Zinkplatte gelegt, die er zuvor kräftig mit einem Tuch abgerieben hatte, um eine elektrostatische Ladung der Platte zu bekommen. Der Versuch war erfolgreich: Carlson und Kornei konnten beweisen, dass sich (Papier-)Vorlagen mit Hilfe von Ladungsunterschieden kopieren lassen. Ihr zuvor eingereichtes Patent auf das, was später Xerografie heißen sollte, war auf einmal Millionen wert – theoretisch.

Mit Ärger in einem Patentamt begann die Geschichte einer der erfolgreichsten Erfindungen der Neuzeit. Der amerikanische Patentanwalt Chester F. Carlson wollte Unterlagen zu einem Patent einsehen, doch waren diese ausgeliehen. Der ständige Mangel an Blaupausen und Durchschlägen von Patentanmeldungen müsste durch ein einfaches Kopierverfahren beseitigt werden können, befand Carlson und begann mit einer Serie von Experimenten. Anders als beim fotochemischen Entwicklungsprozess machte sich Carlson in seiner Freizeit daran, die elektrische Leitfähigkeit von Belichtungen zu untersuchen. Er richtete in Astoria, Queens ein kleines Labor ein und stellte den Physiker Otto Kornei ein, der als Jude vor den Nationalsozialisten in die USA fliehen musste. Kornei war es, der das Verfahren annähernd bis zur Produktionsreife entwickelte, jedoch selbst nicht an einen Erfolg der Technik glaubte. Er verließ das Privatlabor, als er eine bessere Stelle fand.

Tatsächlich brauchte Carlson geschlagene 10 Jahre, bis er das Patent ökonomisch verwerten konnte. Alle Firmen wie etwa IBM, denen er seine Technik vorführte, glaubten an die Überlegenheit der chemiebasierten Fotografie und sahen keinen Markt für die Papierkopie. 1947 kaufte schließlich die kleine Haloid Company seine Idee auf. Die Firma produzierte damals Fotopapier und war auf der Suche nach einem alternativen Standbein. Sie nannte das Verfahren Xerografie (Trockenschreiben) und brachte 1949 das erste Kopiergerät auf den Markt. Der Durchbruch gelang in den 50er Jahren mit einfachen Geräten, die nur noch eine "Kopiertaste" zum Kopieren besaßen. Haloid, das sich nach dem Erfolgsprodukt Xerox Corporation nannte, ist bis heute im Segment der Fotokopierer erfolgreich. Nach Angaben der Firma wurden allein im vergangenen Jahr 40 Milliarden Farbseiten auf Xerox-Systemen produziert.

Die Erfindung machte Chester Floyd Carlson zu einem wohlhabenden Mann, der über 100 Millionen Dollar in Stiftungen anlegte, die vor allem den Analphabetismus bekämpften. Otto Kornei ging leer aus, obwohl ihm Carlson einige Hundert Aktien von Xerox schenkte. (Detlef Borchers) / (jk)