Holtzbrinck wechselt StudiVZ-Chef aus

Gerade einmal 14 Monate hat sich Marcus Riecke auf dem Chefsessel von Holtzbrincks umstrittener Studenten-Community gehalten. Der Manager verlässt das Unternehmen mit sofortiger Wirkung und im gegenseitigen Einvernehmen, wie es offiziell heißt.

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Mit wenigen Worten hat der Holtzbrinck-Verlag einen Führungswechsel bei seiner Web-2.0-Tochter StudiVZ bekannt gegeben. CEO Marcus Riecke, teilt der Verlag mit, verlässt das Unternehmen "auf eigenen Wunsch mit sofortiger Wirkung". Vertriebschef Clemens Riedl, erst im August vom Tagesspiegel zur Studentencommunity gestoßen, soll Rieckes Posten vorerst zusätzlich übernehmen, ein Nachfolger für den Vertrieb wird offenbar bereits gesucht. Zum Abschied gibt es ein dürres Dankeschön von Holtzbrinck-Vize Jochen Gutbrod: "Wir danken Marcus Riecke für seine sehr erfolgreiche Tätigkeit bei studiVZ und seine Verdienste um die Weiterentwicklung des Unternehmens."

Über die Hintergründe der Personalie macht Holtzbrinck keine Angaben. Das lässt Raum für Spekulationen. Einig sind sich die Beobachter, dass Holtzbrinck wohl langsam die Geduld mit seiner Teenie-Tochter verliert und Riecke deshalb gefeuert wurde. StudiVZ und seine Schwesterangebote generieren mit insgesamt über 10 Millionen Nutzern zwar eindrucksvolle monatliche Zugriffszahlen, können diese aber immer noch nicht in bare Münze umsetzen. Riecke hat es in seinen 14 Monaten bei StudiVZ nicht geschafft, der Community ein tragfähiges Geschäftsmodell zu verpassen. Der Manager war im August 2007 von eBay zum deutschen Facebook-Klon gewechselt. Zudem hat es mit der geplanten Auslandsexpansion nicht geklappt.

Auch der "Netzökonom" der FAZ vermutet, dass Riecke das Stuttgarter Verlagshaus nicht im Guten verlässt. Der StudiVZ-Chef habe andere Holtzbrinck-Startups einbinden müssen und sei entgegen anderer Präferenzen gezwungen gewesen, mit dem verlagseigenen Vermarkter GWP zusammenzuarbeiten. Zudem, so mutmaßt die FAZ, habe sich Riecke enger an Facebook orientieren wollen. Der Mediendienst Turi2 will dagegen erfahren haben, dass Riecke "nicht mit der offenen Unternehmenskultur des Verlages zurecht gekommen ist". Zwischen dem StudiVZ-Chef und dem Mutterhaus habe die Chemie schon länger nicht mehr gestimmt.

Mit der Unruhe bei StudiVZ rückt auch das US-Vorbild Facebook wieder in den Mittelpunkt. Die erfolgsverwöhnten US-Amerikaner müssen sich in Deutschland hinter dem unangefochtenen Platzhirsch StudiVZ einreihen. Schon mehrfach wurde über eine mögliche Übernahme spekuliert. Noch verkehren Facebook und Holtzbrinck per Anwalt: Das US-Portal hatte StudiVZ im Sommer wegen des Diebstahls geistigen Eigentums verklagt. Möglicherweise hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bei seinem ersten Deutschlandbesuch vor zwei Wochen auch Zeit für einen Plausch mit Holtbrinck-Managern gefunden. (vbr)