Weitere Konsultationen zur Netzzukunft geplant

Europäische Interessenvertreter verständigten sich im Vorfeld des Internet Governance Forums, die Diskussion um Recht und Regulierung im Netz auch im kommenden Jahr weiter zu führen.

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Von
  • Monika Ermert

Im kommenden Jahr soll es nach Aussage des französischen Beauftragten für die Informationsgesellschaft, Bertrand de la Chapelle, mehrere Konsultationen zur Zukunft der privaten Netzverwaltung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) geben. Das sagte de la Chapelle beim Europäischen Dialog zu Internet Governance (EuroDIG) gestern in Straßburg. De la Chapelle, der Frankreich im Regierungsbeirat der ICANN vertritt, reagierte damit auf Fragen zu den scharfen Angriffen des französischen Staatsministers für Digitale Wirtschaft, Eric Besson, Anfang der Woche. Besson hatte die Aufsichtsrolle der US-Regierung in Frage gestellt. Die erste Ausgabe des EuroDIG schloss am Dienstag mit der Zusage der Initiatoren, die Diskussion zu Regeln und Regulierung im Netz fortzuführen.

Zum Dauerstreit um die US-Aufsichtsrolle über ICANN und die Rootzone äußerte sich de la Chapelle vorsichtiger als Besson. ICANN habe in der anstehenden Zeit bis zum Auslaufen des Vertrags, der die Organisation an die US-Verwaltung bindet, zu klären, wie die Organisation dauerhaft ihre Unabhängigkeit von Partikularinteressen sicher will, welche Möglichkeiten es für die von den ICANN-Entscheidungen Betroffenen Einspruch zu erheben und wie sie zu einer internationalen Organisation werden könne. "Wir denken im Grunde, dass Ende 2009 eine gute Zeit für den Übergang der ICANN ist", sagte de la Chapelle. Bis dahin werde es aber noch viele Gespräche geben.

Der EuroDIG schloss mit einer Reihe von vorsichtigen Empfehlungen der Organisatoren für die Debatten beim dritten Internet Governance Forum in Hyderabad. Das Datenschutzthema und dessen Vereinbarkeit mit der Sicherheit steht auf der Liste vieler beteiligter Organisationen ganz oben. Als eine der wichtigsten Botschaften bezeichnete de la Chapelle die viel gelobte Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. "Wir sollten laut und deutlich sagen, dass das funktioniert", sagte de la Chapelle. Allerdings müsse die neue Form der Zusammenarbeit auch auf nationaler Ebene und auch bei internationalen Institutionen gepflegt werden – gerade auch bei Organisationen, die wie die International Telecommunication Union (ITU) unbeobachtet von der Öffentlichkeit technische Pfeiler für das Netz der Zukunft einschlagen.

Uneinigkeit herrscht darüber, ob neue Gesetze und Verträge zum Schutz besonders gefährdeter Rechte notwendig sind. Bejaht wurde dies von Verdi-Frau Anette Mühlberg für den Datenschutz von Mitarbeitern in den Unternehmen. Vertreter des Europarates, der zahlreiche Workshops für das IGF in Hyderabad vorbereitet, rieten, über ein "Recht auf Anonymität" und ein besonderes "Datenschutzrecht für Kinder" nachzudenken. Widerspruch dagegen kam aber von Ronald Koven vom World Press Freedom Committee. Koven sagte: "Wir leben in einer Welt, in der nicht einmal die bestehenden Rechte beachtet werden." Bevor man neue Rechte verhandle, solle man die bestehenden erst einmal durchsetzen.

Der Kölner Strafrechtsexperte Marko Gercke rief die EuroDIG-Teilnehmer dazu auf, dem Gesetzgeber doch einmal zu sagen, dass nicht alles was technologisch machbar sei, im Rahmen neuer Überwachungsmöglichkeiten zuzulassen. "Wir laufen Gefahr, die Balance zu verlieren," warnte der Strafrechtler. "Früher war es so, dass manches was offline verboten war, online gemacht werden konnte. Mit der Cybercrime Konvention versuchte man, das auszubalancieren. Inzwischen sind wir soweit, dass viele Dinge, die offline nicht verfolgt werden, online strafbar sind." (Monika Ermert) / (vbr)