Empörung über Nackt-Scanner für Flughäfen

Nach EU-Parlamentariern melden sich nun auch Bundestagsabgeordnete von SPD, FDP, Grünen und der Linken zu der geplanten Zulassung von Nackt-Scannern zu Wort. Sie warnen vor einer grundgesetzwidrigen Verletzung des Intimsphäre.

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  • dpa

Der EU-Kommission schlägt wegen Plänen zur Zulassung von Nackt-Scannern an Flughäfen zur Sicherheitsüberprüfung in Deutschland eine Welle der Empörung entgegen. SPD, FDP, Grüne und Linke im Bundestag warnten heute vor einer grundgesetzwidrigen Verletzung des Intimsphäre. Die Bundespolizei wird voraussichtlich Ende des Jahres im Labor erste Tests der strittigen Durchleuchtungsmethode vornehmen. Vorerst werde das Gerät an keinem Flughafen zum Einsatz kommen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei der dpa. Das Europaparlament verlangte von der EU-Kommission drei Monate Bedenkzeit und eine weitere Prüfung der Auswirkungen.

Beispielsweise Geräte, die am Göteborger Flughafen zum Einsatz kommen, arbeiten rein passiv mit der allgegenwärtigen Strahlung im Millimeterbereich: Durch Auswertung der verschiedenen Reflexions- und Absorptionseigenschaften von Kleidung, Gegenständen und menschlichem Gewebe lassen sich Körperkonturen sichtbar machen. Backscatter-Röntgentechnik wiederum nutzt die Compton-Streuung normaler Röntgenstrahlen an Oberflächen. Auch mittels Terahertz-Strahlung lässt sich eine Person bis unter die Kleidung durchleuchten.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, findet das Vorhaben der Kommission "in jeder Beziehung fragwürdig und unverhältnismäßig". "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir dem zustimmen können", sagte Wiefelspütz laut Handelsblatt. "Die Intimsphäre eines Menschen muss geschützt bleiben." Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) müsse Position beziehen: "Wir wollen wissen, was das Ganze soll."

Auch für den Innenexperten der FDP-Fraktion Max Stadler gehen die Pläne der EU-Kommission zu weit." Die Methode überschreite alle Schamgrenzen und dürfe in Deutschland nicht eingeführt werden. Der Grünen-Experte Wolfgang Wieland erklärte: "Dieser elektronische Zwangs-Strip für alle Fluggäste verletzt den Bereich der Intimsphäre nicht nur, er hebt ihn auf." Plastiksprengstoff sei bislang auch ohne "Massenerniedrigung der Passagiere" entdeckt worden. Für Ulla Jelpke von der Linksfraktion gehen die Pläne unter die Gürtellinie: "Ein Flughafen ist kein FKK-Strand, und Flugpassagiere sind keine Akteure einer Peepshow."

Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) versicherte laut Mitteilung, die Intimsphäre der Reisenden werde gewahrt bleiben. Der Kontrolleur am Bildschirm werde die zu überprüfende Person nicht direkt sehen können. "Damit wird ausgeschlossen, dass das Bild der Person direkt zugeordnet werden kann", erklärte Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel.

Laut Bundespolizei sollen in Deutschland zunächst im Labor Gesundheits- und Sicherheitsaspekte sowie mit Hilfe externer Experten rechtliche Fragen geklärt werden. "Erst wenn klar ist, ob dieser Scanner unseren Anforderungen entspricht, wird über einen Praxistest entschieden", sagte Sprecher Jörg Kunzendorf in Potsdam.

Das Europaparlament in Straßburg forderte die EU-Kommission in einer Entschließung auf, in drei Monaten die möglichen Auswirkungen auf Persönlichkeitsrechte und Gesundheit zu prüfen. Das Parlament ist grundsätzlich nicht gegen die Nackt-Scanner: Ein Antrag der Liberalen zum Verzicht auf das Projekt fand keine Mehrheit. Besorgt sind die Abgeordneten in erster Linie darüber, dass die Kommission das Vorhaben "durch die Hintertür" ohne Diskussion einführen könnte. Dieses "äußerst heikle Thema" betreffe die Grundrechte der Bürger und erfordere deshalb eine "umfassende und offene Diskussion mit Fluggästen auf EU- und einzelstaatlicher Ebene", hieß es.

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(dpa) / (anw)