EU-Parlamentarier protestieren gegen Nackt-Scanner an Flughäfen

Die EU-Kommission plant die Zulassung von Ganzkörperscannern, die Personen bis auf die Haut durchleuchten. Gegen diese Pläne sträuben sich Abgeordnete des EU-Parlaments.

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Abgeordnete des Europäischen Parlaments kritisieren Pläne der EU-Kommission, den Einsatz von Ganzkörper-Scannern ab 2010 an Flughäfen zuzulassen. Mit den Geräten sollen Gegenstände erkennbar werden, die Metalldetektoren nicht aufspüren können. Allerdings durchleuchten die Scanner die Menschen bis auf die Haut und machen körperliche Details sichtbar. Beispielsweise Geräte, die am Göteborger Flughafen zum Einsatz kommen, arbeiten rein passiv mit der allgegenwärtigen Strahlung im Millimeterbereich: Durch Auswertung der verschiedenen Reflexions- und Absorptionseigenschaften von Kleidung, Gegenständen und menschlichem Gewebe lassen sich Körperkonturen sichtbar machen. Backscatter-Röntgentechnik wiederum nutzt die Compton-Streuung normaler Röntgenstrahlen an Oberflächen. Auch mittels Terahertz-Strahlung lässt sich eine Person bis unter die Kleidung durchleuchten.

Mitglieder des Justizausschusses des EU-Parlaments verlangen von der EU-Kommission Auskünfte über das Vorhaben, beispielsweise wie die Betrachtung von Genitalien und von anderen intimen Körperteilen verhindert werden soll. Außerdem verlangten sie eine wissenschaftliche Bewertung möglicher Gesundheitsrisiken.

Der SPD-Abgeordnete des Europäischen Parlaments und Innenexperte Wolfgang Kreissl-Dörfler meint, es müsse geprüft werden, ob der Sicherheitsgewinn einen solch schweren Eingriff in die Privatsphäre rechtfertigt. Es sei fraglich, ob die Scanner-Bilder mehr Sicherheit bieten als das gezielte Abtasten und Überprüfen verdächtiger Fluggäste.

Das Parlament diskutiert in dieser Woche neben dem Einsatz von Körperscannern an Flughäfen die Weitergabe von Flugpassagierdaten. In beiden Fällen ist nach Meinung von Kreissl-Dörfler unklar, ob die Eingriffe in die Privatsphäre der Fluggäste ein wirkliches "Mehr" an Sicherheit bringe. Bei der weitreichenden Speicherung von Fluggastdaten für 13 Jahre hätten die SPD-Abgeordneten erheblichen Zweifel. Die EU dürfe bei der Bekämpfung des Terrorismus nicht die Gelegenheit verpassen, den Weg der Besonnenheit einzuschlagen.

Die "Nacktscanner" werden derzeit in Los Angeles, New York, Amsterdam, London und Zürich getestet. Sie erstellen mit Hilfe von Terahertzstrahlen ein 3D-Bild, auf dem der Fluggast ohne Kleidung erscheint. EU-Verkehrskommissar Antonio Tajani will das neue Gerät auf die europäische Liste erlaubter Sicherheitskontrollen setzen. Dagegen protestiert auch die grüne EU-Parlamentarierin Eva Lichtenberger. Der Einsatz von Bodyscannern an Flughäfen führe zu tiefen Eingriffen in Grundrechte und verletze den Schutz der persönlichen Würde. "Ob diesem Eingriff ein tatsächlicher Sicherheitsgewinn gegenübersteht, wurde offensichtlich nicht einmal untersucht."

Die EU-Kommission hat nach Darstellung von Lichtenberger dieses Thema nur sehr "technisch" abgehandelt: Durch eine Ergänzung bei den gemeinsamen, grundlegenden Standards für die Sicherheit in der Luftfahrt habe sie eine Definition eingeschleust, die das Bodyscanning mit einschloss. Mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit und eventuelle Rechtsfolgen seien nicht überprüft worden.

Der Verkehrsexperte der CDU im Europaparlament, Georg Jarzembowski, sagt hingegen laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung, die Rechte des Parlaments würden nicht beschnitten. EU-Kommissar Tajani habe den federführenden Verkehrsausschuss eingeschaltet. Er habe drei Bedingungen für eine Zulassung akzeptiert. Demnach dürfe kein Passagier gezwungen werden, durch einen Körperscanner zu gehen. Die Kontrolleure an den Bildschirmen müssten von den durchleuchteten Menschen "räumlich getrennt" sitzen und die Nacktbilder dürften zudem nicht gespeichert werden.

In Deutschland wird noch kein Nackt-Scanner an Flughafen eingesetzt. Die Bundespolizei testet laut Medienbrichten derzeit ein solches Gerät in einem Laborversuch. Die Frist für Einsprüche des Europaparlaments gegen die neue Sicherheitstechnik läuft Anfang Dezember aus. Die EU-Kommission plant zuvor noch ein Expertenseminar für die Abgeordneten.

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(anw)