Visualisierung von Kommunikation in Softwareprojekten

Eine effiziente, von Missverständnissen freie Kommunikation zwischen den Projektteilnehmern ist alles andere als selbstverständlich.

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Von
  • Alexander Neumann
Inhaltsverzeichnis

Wo Fach- und IT-Abteilungen, Anwender und Softwareentwickler aufeinandertreffen, garantiert eine gemeinsame Muttersprache noch lange keinen fließenden Austausch. Eine effiziente, von Missverständnissen freie Kommunikation zwischen den Projektteilnehmern ist alles andere als selbstverständlich. Ihre Visualisierung mit einigen einfachen Symbolen erweist sich hingegen in den Projektphasen als nützlich.

Wer einmal an einem Kundentermin oder einem Workshop für ein Entwicklungsprojekt teilgenommen hat, kennt die Situation: Im Raum sitzen Vertreter unterschiedlicher Fachrichtungen, von denen viele nur zum Teil in das bevorstehende Projekt involviert sind. Zum Ende der Diskussion scheint Klarheit über Umfang und Aufgaben des Projekts zu herrschen, es werden keine weiteren Fragen mehr gestellt. Treffen sie sich jedoch später zum Folgetreffen wieder, stellt sich heraus, dass es fast ebenso viele Interpretationen des Besprochenen wie Teilnehmer gibt. Tatsächlich entwickeln Menschen aufgrund ihrer unterschiedlichen Aufgabengebiete, Erfahrungswerte und Vorkenntnisse selten eine übereinstimmende Sicht auf Begriffe und Projektinhalte, wenn diese nur in Wort und Schrift vermittelt werden.

Auf der Grundlage der Erfahrungen, mit denen externe Berater für Softwaretests und Qualitätssicherung häufig konfrontiert sind, hat der Dienstleister TestGilde eine visuelle "Übersetzungshilfe" entwickelt. Sie besteht aus fünf einfach zu erklärenden wie anzuwendenden Symbolen, mit deren Hilfe alle Projektbeteiligten Schaubilder auf Flipcharts erstellen, die für ein gemeinsames Verständnis bevorstehender Projektschritte sorgen. Zwar existieren mit UML (Unified Modeling Language) und BPMN (Business Process and Model Notation) standardisierte Visualisierungssprachen, allerdings erlauben knappe Budgets und enge Zeitvorgaben meist keine diesbezüglichen Schulungen, und es kommt erfahrungsgemäß nur selten vor, dass alle Teilnehmer eines Projekts – oder zumindest ihre deutliche Mehrheit – UML und/oder BPMN schon beherrschen.

Durch die Arbeit mit den fünf "Wunderwolkenbilder" getauften Symbolen lässt sich eine gemeinsame (Bild-)Sprache für ein Projekt etablieren, wie Praxisbeispiele im Folgenden zeigen werden. Die Symbole veranschaulichen Ist- und definieren Soll-Zustände in IT-gestützten Prozessen und beschreiben jede Art von passiver Datenhaltung sowie aktiver Datenveränderung (s. Abb. 1).

Mithilfe von fünf Symbolen lassen sich Datenflüsse in IT-Landschaften nachvollziehbar beschreiben (Abb. 1).


Praktisch alle Informationsflüsse zwischen den unterschiedlichen Anwendungen und Systemen einer IT-Landschaft lassen sich auf diese Weise in einer für jeden Projektbeteiligten verständlichen Weise darstellen und dokumentieren. Algorithmen, Business-Logiken und Transformationen in andere Datenformate spielen dabei zunächst einmal nicht die entscheidende Rolle; im Vordergrund steht das prozessuale Verständnis.

Das Aufmalen der Symbole durch die Projektteilnehmer folgt zwei Grundregeln: Es ist erstens aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit erforderlich, ihre Zahl auf fünf zu begrenzen und keine Erweiterungen zuzulassen. Zwei Symbole – zum einen die Wolke als datenverarbeitende Blackbox, zum anderen der arbeitende Mensch – stehen dabei für aktive Datenveränderung. Die drei weiteren Symbole bezeichnen Orte der passiven Datenhaltung, also einen Datenspeicher (etwa eine Datenbank oder eine Tabelle), eine Datei (beziehungsweise einen Ausdruck) oder eine Bildschirmmaske. Regel Nummer zwei leitet sich aus der Erkenntnis ab, dass Daten nicht "von selbst" ihren Ort verändern, sondern dabei immer ein (aktiver) Vorgang zwischengeschaltet ist: Daher folgt in der Beschreibung von Datenflüssen auf ein passives Symbol grundsätzlich ein aktives – und umgekehrt. Ein einfaches Beispiel wäre eine ausgedruckte Fehlerliste (passiv), auf deren Basis ein Sachbearbeiter (aktiv) an einer Eingabemaske (passiv) neue Daten eingibt (siehe Schritt (1) in Abb. 2).

Ein einfaches Beispiel für einen visualisierten Datenfluss in einem Unternehmen: Eine Abfolge von fünf Schritten im stetigen Wechsel zwischen aktiver Datenveränderung, ausgedrückt durch die Wolken- und Menschensymbole, und passiver Datenhaltung (Abb. 2).

Anwenden lässt sich dieses Visualisierungstool in Entwicklungsprojekten jeder Art, unabhängig davon, ob es sich um Scrum und andere agile Arbeitsweisen oder um klassische Wasserfall- oder V-Modell-Entwicklung handelt. Die folgenden Praxisbeispiele aus jeweils unterschiedlichen Projekten und Projektphasen zeigen, wie "Wunderwolkenbilder" dazu beitragen, Ist-Zustände zu dokumentieren, Soll-Prozesse zu definieren sowie Lücken und potenzielle Fehlerquellen im Datenfluss zu identifizieren, deren Schließung Aufgabe von Anforderungsspezialisten, Entwicklern und Testern ist.