Streit um Finanzgeschäfte des MDR

Während Rechnungshöfe Spekulationen mit "risikobehafteten Geldanlagen" kritisieren, verweist die Dreiländeranstalt Berichte darüber "ins Reich der Fabeln". Es soll um mehr als eine halbe Milliarde Euro gehen, die in Fonds angelegt wurden.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) wehrt sich gegen Vorwürfe, er habe sich bei Spekulationen mit "risikobehafteten Geldanlagen" verzockt. Verschiedene Medien hatten zuvor unter Berufung auf Informationen einer bereits im August vergangenen Jahres abgeschlossenen "Prüfung von mittel- und langfristigen Geldanlagen des MDR in den Geschäftsjahren 2001 bis 2005" berichtet, die Dreiländeranstalt habe möglicherweise Millionen bei der Investition von stillen Rücklagen in riskante Wertpapiere verloren.

Zwar bestätigte eine Sprecherin des sächsischen Rechnungshofes am heutigen Donnerstag noch einmal, dass die Prüfbehörden von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in ihrem Bericht zu den operativen Geldgeschäften des MDR Spekulationen mit "risikobehafteten Geldanlagen" kritisiert hatten, der Mitteldeutsche Rundfunk verweist entsprechende Berichte darüber aber "ins Reich der Fabeln". Es soll um mehr als eine halbe Milliarde Euro gehen, die der MDR Ende 2005 in Fonds angelegt hatte.

Während der sächsische Landesrechnungshof davor warnt, dass der Mitteldeutsche Rundfunk als Folge der sich seit Mitte 2008 verschärfenden Finanzkrise "einen deutlichen Rückgang stiller Reserven" verzeichnen müsse, rechnet der MDR in einer Stellungnahme von heute vor, dass die Kurse der Aktien, in die man investiert habe, doch in der Zeit ab 2003 "kontinuierlich gestiegen" seien. Sogar Lob habe man vom Rechnungshof erhalten, weil man die von der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) vorgegebene Zinsprognose seit 2003 "deutlich übertroffen" habe.

Dass wir inzwischen im Jahr 2009 angekommen sind, in einer Rezession stecken und allein der Auswahlindex DAX im vergangenen Jahr fast die Hälfte seines Punktwertes verloren hat, versteckt der MDR in dem Halbsatz, dass "sich angesichts der jüngsten Kursrückgänge an den Aktienmärkten die stillen Reserven wieder relativiert haben". Keine Rede davon, wie kritisch die Situation womöglich derzeit tatsächlich ist, nur der Hinweis, dass "nicht ein Euro der Rundfunkgebühren verloren gegangen" sei.

Den Angaben zufolge hat der MDR offenbar 35 Prozent der "vereinnahmten Gelder, die nicht sofort ausgegeben werden können" in Aktien angelegt. Der sächsische Rechnungshof geht sogar von einem noch höheren Prozentsatz aus, die Finanzexperten der Rundfunkanstalt sehen aber in Genussscheinen keine Aktien, sondern "Wertpapiere rentenähnlichen Charakters", die nicht dem Aktienanteil zugerechnet werden dürften – und sich selbst in vollem Einklang mit gültigen Dienstanweisungen.

Geldanlagen seien für den MDR im Übrigen unverzichtbar, "weil sie zur Bedienung zukünftiger Verpflichtungen wie Leasingraten für die Landesfunkhäuser, Betriebsrenten sowie anderer Verbindlichkeiten benötigt würden", heißt es in der Stellungnahme. Es sei sogar fahrlässig, wenn man Gelder (ergo Rundfunkgebühren) nicht "arbeiten" lasse und auf Zinserträge verzichte. Der medienpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im sächsischen Landtag, Torsten Herbst, betonte hingegen, dass öffentlich-rechtliche Sender mit Rundfunkgebühren einen Versorgungsauftrag zu erfüllen hätten und nicht hochriskante Geschäfte auf dem internationalen Finanzparkett tätigen sollen.

Der MDR war früher bereits wegen fragwürdiger Finanzgeschäfte in die Schlagzeilen geraten. So wurde im Jahr 2000 bekannt, dass die Anstalt öffentlichen Rechts bei einem Geschäft mit Ecuador-Anleihen 2,6 Millionen Mark verloren hatte. Nur eineinhalb Jahre später entstand ein Verlust von rund 9,3 Millionen Euro als Folge von Geschäften mit Argentinien-Anleihen. Die Rundfunkgebühren wurden zum 1. Januar auf knapp 18 Euro pro Monat erhöht. Grund: zusätzlicher Finanzbedarf der Sender. (pmz)