NSA-Skandal: Schriftstellerin Juli Zeh kritisiert große Koalition

Juli Zeh hatte bereits in einem offenen Brief die Politik der Bundesregierung in der NSA-Spähaffäre scharf kritisiert. Sie war Mit-Initatorin des weltweiten Protests von Schriftstellern gegen Überwachung.

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Von
  • Jürgen Kuri

Juli Zeh

(Bild: dpa, Arno Burgi)

Die Autorin und Juristin Juli Zeh (39) sieht die große Koalition in der Spähaffäre in einer größeren Verantwortung. "Die große Koalition sträubt sich noch immer mit Händen und Füßen, das Thema Überwachung ernst zu nehmen", sagte sie im Interview mit dpa. Es obliege der Politik, auch im digitalen Zeitalter eine Rechtssphäre zu schaffen, in der die Freiheit des Einzelnen gewahrt bleibt.

Die politisch engagierte Schriftstellerin hatte nach Bekanntwerden der NSA-Affäre einen Offenen Brief an Angela Merkel verfasst. Mittlerweile ist daraus ein internationaler Aufruf geworden, den mehr als 1000 Schriftsteller unterzeichneten. Am 8. März kommt Zehs Roman "Nullzeit" in Bonn auf die Theaterbühne. "Mutti", ein Theaterstück über Angela Merkel, feiert bei den Ruhrfestspielen im Mai Premiere.

[Update 06.03.2014 - 11:10 Uhr] Inzwischen wurde auch das Interview selbst veröffentlicht. Den Teil zur Überwachung haben wir im Folgenden nachgetragen:

In einem Offenen Brief forderten Sie nach Bekanntwerden der NSA-Affäre zusammen mit anderen Schriftstellern Angela Merkel auf, "den Menschen im Land die volle Wahrheit über die Spähangriffe zu sagen". Was hat sich inzwischen getan?

Juli Zeh: Inzwischen ist aus diesem offenen Brief ein internationaler Aufruf geworden, den 1000 Schriftsteller, darunter sechs Nobelpreisträger, aus aller Welt unterzeichnet haben. Die Grünen haben unseren Aufruf als Antrag in den Bundestag eingebracht, das Parlament hat darüber debattiert. Wir haben Kontakt zur EU und zu den Vereinten Nationen aufgenommen, um auch auf diesen Ebenen unser Anliegen zu verfolgen. Die große Koalition sträubt sich noch immer mit Händen und Füßen, das Thema Überwachung ernst zu nehmen. Aber die Zivilgesellschaft wird sie über kurz oder lang dazu zwingen. Ich versuche, so viel wie möglich dazu beizutragen.

Wie kann sich der Einzelne schützen? Wie ist Widerstand gegen verfassungswidrige Ausspähungen möglich?

Juli Zeh: Ich finde nicht, dass sich der Einzelne selbst schützen muss. Wir ziehen uns schließlich auch keine schusssichere Weste an, bevor wir das Haus verlassen. Es obliegt der Politik, auch im digitalen Zeitalter eine Rechtssphäre zu schaffen, in der die Freiheit des Einzelnen gewahrt bleibt. Wo kämen wir denn hin, wenn wir im Kommunikationszeitalter plötzlich zu Selbstverteidigung und Selbstjustiz zurückkehren würden? Das wäre eine Umkehrung des Gesellschaftsvertrags. (jk)