CCC legt Abschlussbericht zur Wahlbeobachtung in Brandenburg vor

Kurz vor der Anhörung des Bundesverfassungsgerichts zu Wahlprüfungsbeschwerden gegen die Verwendung von Nedap-Wahlcomputern bei der Bundestagswahl hat der Chaos Computer Club einen vernichtenden Bericht zum Einsatz dieser Geräte in Brandenburg vorgelegt.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Klein, kleiner, Lupe: CCC-Angaben zufolge waren die Beschriftungen der Wahlvorschläge so winzig, dass sie selbst mit einer Lupe kaum entziffert werden konnten.

(Bild: CCC)

Verletzungen des Wahlgeheimnisses, multiples Versagen der Technik, Schwierigkeiten beim Umgang mit den eingesetzten Nedap-Computern bei Wählern, Wahlhelfern und Wahlvorstehern, teilweise erhebliche Verzögerungen, die dazu führten, dass Wähler sogar von der Wahl ausgeschlossen wurden – die Eindrücke, die freiwillige Wahlbeobachter des Chaos Computer Clubs (CCC) bei der jüngsten Kommunalwahl in Brandenburg zum Einsatz von Wahlmaschinen gesammelt haben, lesen sich wie die Beschreibung eines Gruselkabinetts des elektronischen Wählens.

Selbst nach Abzug eines Anteils möglicherweise einseitiger Beobachtung und Bewertung, den man dem CCC und seinen Mitgliedern als ausgewiesenen Gegnern des E-Votings und insbesondere des niederländischen Wahlmaschinen-Herstellers Nedap zurechnen könnte, lässt der jetzt vorgelegte Abschlussbericht des CCC (PDF-Datei) nur ein Urteil zu: In den zehn brandenburgischen Städten und Gemeinden, wo am 28. September insgesamt 238 Nedap-Wahlcomputer eingesetzt wurden, sind Wahlgrundsätze erheblich verletzt und wichtige Regeln beim Umgang mit Wahlcomputern missachtet worden.

So heißt es etwa in dem Bericht, dass die Wahlcomputer durchweg "mit angehängten Leselupen in den Wahllokalen aufgestellt" wurden, "da selbst für normalsichtige Menschen die winzigen Tastenbeschriftungen der Wahlvorschläge nicht ohne weiteres zu entziffern waren. Gerade ältere Menschen waren auch unter Zuhilfenahme der Lupen oft nicht in der Lage, ihren gewünschten Wahlvorschlag aufzufinden". Wahlhelfer hätten dann "durch teils unaufgeforderte Hilfestellung hinter der Abdeckung des Computers" versucht, "Warteschlangen zu verkürzen".

Wegen der langen Wartezeiten sei es sogar zum "Ausschluss von Wählern" gekommen, heißt es weiter. Häufig sei auch das Problem beobachtet worden, "dass Wähler die Taste zur finalen Abgabe ihrer Stimme nicht drückten, oft weil sie nicht gefunden wurde oder den Wählern nicht bewusst war, dass sie am Ende ihrer Stimmabgabe eine weitere Taste drücken sollten". Dadurch sei eine problematische Situation entstanden, "die oft genug nur unter Verletzung des Wahlgeheimnisses oder durch undokumentierte Annullierung der Stimmen aufgelöst wurde".

Guck mal, was der wählt: Spiegel hinter einem Wahlcomputer im Wahllokal 11, Teltow

(Bild: CCC)

Die Beobachter registrierten zudem einen "allzu leichtfertiger Umgang" mit den eingesetzten Wahlcomputern. So seien Geräte etwa über Nacht "in leicht zugänglichen und unzureichend gesicherten Hinterzimmern" gelagert worden. Auch hätten Versiegelungen gefehlt und es seien Speichermodule mit den elektronischen Wahlergebnissen unbeaufsichtigt transportiert worden. "Üblich" gewesen seien zudem "Abweichungen zwischen der Anzahl der anhand der auf Papierlisten registrierten Wähler und der Anzahl vom Computer errechneter Stimmen".

Bei der Wahl in Brandenburg sei es nicht möglich gewesen, "die vom Computer errechneten Ergebnisse unabhängig zu überprüfen, da Nedap-Wahlcomputer keine solche Prüfung zulassen", resümiert der Chaos Computer Club unmittelbar vor einer Anhörung des Bundesverfassungsgerichts, das am morgigen Dienstag über Wahlprüfungsbeschwerden gegen die Verwendung von Nedap-Wahlcomputern bei der letzten Bundestagswahl verhandelt. "Die Bundesrepublik sollte dem Beispiel der Niederlande folgen und Wahlcomputer grundsätzlich abschaffen", stellt Dirk Engling die Haltung des CCC unmissverständlich klar. (pmz)