Schweizer wollen Rundfunkabgaben-System umstellen

Künftig müssen die Schweizer voraussichtlich ebenfalls eine Haushaltsabgabe auf Radio und Fernsehen entrichten. Immerhin soll sie günstiger werden. Bezahlen müssen auch größere Unternehmen.

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Von
  • Tom Sperlich

Der Nationalrat, die große Kammer des Schweizer Parlaments, hat am Mittwoch entschieden, dass jeder Haushalt eine Empfangsgebühr für das staatseigene Fernsehen und Radio SRG SSR bezahlen muss. Sie wird unabhängig davon fällig, ob Programmangebote konsumiert werden oder ob ein Empfangsgerät vorhanden ist. Gemeint sind damit alle Geräte, mit denen es technisch möglich ist, Radio- und/oder TV-Programme zu empfangen. Dazu zählen etwa auch Computer oder Mobiltelefone. Bisher werden Rundfunkgebühren so wie früher in Deutschland geräteabhängig erhoben.

Gegen den Willen der Regierung (Bundesrat) soll eine Übergangsfrist von fünf Jahren eingeräumt werden, in der Haushalte, die über kein Empfangsgerät verfügen, sich von den Gebühren befreien lassen können. Befreit von den Abgaben sind ansonsten lediglich Personen beziehungsweise Haushalte, die staatliche Zuschüsse zur obligatorischen staatlichen Rentenversicherung oder der Invalidenversicherung beziehen sowie schwer pflegebedürftige Menschen in Heimen. Keine Radio- und TV-Gebühr bezahlen müssen künftig alle kleineren Unternehmungen mit einem Jahresumsatz unter einer halben Million Franken (rund 412.000 Euro) – das ist die Mehrheit der Betriebe in der Schweiz.

Pro Jahr sollen pro Haushalt voraussichtlich nur noch 400 Franken (rund 330 Euro) fällig werden statt den bisher 462 Franken (rund 380 Euro). Diese Entlastung stellte "Medienministerin" Doris Leuthard den Bürgern in Aussicht. Mit dem neuen Gesetz bestehe die "große Chance", diese auf 400 Franken oder vielleicht sogar noch tiefer zu senken, sagte die Bundesrätin. Erst müsse noch der Leistungskatalog festgelegt werden. Die Haushalte in der Schweiz bezahlen die höchsten TV- und Rundfunkgebühren in Europa.

Wer künftig die Gebühren für Radio und Fernsehen einsammeln wird, ist indes noch unklar. Das Tochterunternehmen der halbstaatlichen Swisscom, Billag, die bisher die Gebühren einzieht, muss sich neu für die Aufgabe bewerben, allerdings wird die Übergangsphase laut Medienberichten mindestens bis 2018 betragen. Der Bundesrat will eine private Erhebungsstelle bestimmen, die künftig die Gebühren in Höhe von derzeit rund 1,3 Milliarden Franken (1,07 Milliarden Euro) einzieht; aber nur noch für die privaten Haushalte, denn die Unternehmen sollen die Abgaben direkt an die Eidgenössische Steuerverwaltung abführen. 91,5 Prozent der Rundfunkgebühren gehen an die SRG, zwischen 4 und 5 Prozent sollen künftig an lokale und regionale Radio- und Fernsehveranstalter gehen.

Noch muss die zweite Kammer des Parlaments der Entscheidung zustimmen, was erwartet wird. Dann könnte das veränderte Gebührensystem frühestens ab 2015 in Kraft treten. Ein neues Bürgerkomitee zur Abschaffung des Rundfunkbeitrags hat sich allerdings auch bereits gegründet. (anw)