Kernel-Log: Linux-staging-Zweig soll bei Integration helfen, Linux-Kernel 2.6.25.6 und 2.6.26-rc6

In der neuen Kernel-Serie linux-staging will Greg Kroah-Hartman Neuerungen sammeln, die langfristig in den Kernel einziehen sollen; Linux 2.6.25.6 bringt einige Fehlerkorrekturen; 2.6.26 kommt auf die Zielgerade; Neues von X.org

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Greg Kroah-Hartman hat den die Kernel-Serie linux-staging gestartet. Sie ist nicht direkt für Endanwender gedacht, sondern soll vielmehr dabei helfen, bisher unabhängig vom Kernel verwaltete oder neue Treiber und Erweiterungen zu sammeln, während die Entwickler parallel den Code fit für die Aufnahme in den offiziellen Kernel machen. Dabei geht es anders als bei linux-next aber nicht um die Vorbereitung zur Aufnahme im nächsten Entwicklungszyklus – vielmehr ist linux-staging für langfristig zur Integration geplante Neuerungen gedacht, für die bislang kein Subsystem zuständig ist.

In der Ankündigungsmail umreißt Kroah-Hartman Sinn und Zweck genauer und stellt einige Regeln auf. So sei der Entwicklerzweig nicht für Fehlerkorrekturen oder Überarbeitungen von existierendem Code gedacht – es geht vielmehr um neue Funktionen, Treiber oder Dateisysteme ("this is not a tree for bugfixes or rewrites of existing kernel code, this should be for new features, drivers, and filesystems"). Er schränkt aber auch ein, dass linux-staging kein Platz für Code sei, an dem eine Entwicklerschar aktiv arbeite – das seit Jahren unabhängig vom Kernel verwaltete Reiser4-Dateisystem sei daher nichts für linux-staging. Auch sei der Entwicklerzweig kein Platz, um Code abzuladen und zu hoffen, dass andere Entwickler diesen fit für die Aufnahme in den offiziellen Kernel machen – einige Entwickler stünden aber für solche Aufgaben zur Verfügung.

Linux-staging ist als Quilt-Series über ein Git-Depot verfügbar und enthält derzeit unter anderem einige Patches für VIA-Hardware, einige USB-Treiber und Novells Novfs (Novell Netware Filesystem). Ob sich linux-staging in der Praxis als hilfreich erweist und ob er langfristig so genutzt wird wie jetzt vorgesehen, werden die nächsten Monate zeigen. So plante Kroah-Hartman, dass linux-staging auch von linux-next aufgegriffen wird – eigentlich ist letzter aber nur für Neuerungen vorgesehen, die in die jeweils übernächste Linux-Version des Hauptentwicklerzweiges einfließen sollen. Der Verwalter von linux-next überlegt aber noch, ob er linux-staging tatsächlich aufnimmt.

Nachdem die Kernel-Entwickler vor einigen Tagen mit dem Linux-Kernel 2.6.25.5 einige Sicherheitslücken schlossen, legten sie mit 2.6.25.6 wenig später noch eine weitere neue Version nach. Sie soll eine Reihe kleiner Probleme im Linux-Kernel und den enthaltenen Treibern korrigieren; einige wenige Treiber fühlen sich nun zudem für vorher nicht direkt unterstützte Hardware zuständig. Auf Sicherheitsprobleme weist die Freigabe-Mail von Chris Wright nicht explizit hin. Der erste Kommentator im Forum von LWN.net merkt jedoch an, dass der Patch im Commit "cpufreq: fix null object access on Transmeta CPU" sehr wohl ein sicherheitskritisches Problem korrigiert. Chris Wright weist in einer Diskussion auf der LKML darauf hin, dass es sich nicht offensichtlich um eine Korrektur der Sicherheitslücke gehandelt hat, sonst hätte er in der Freigabe-Mail darauf hingewiesen und die Anwender mit mehr Nachdruck dazu aufgefordert, die neue Version einzuspielen.

Linus Torvalds hat die mit 2.6.26-rc6 einen neue Zwischenversion im Hauptentwicklungszweig freigegeben und dabei wie in unregelmäßigen Abständen üblich dem Kernel einen neuen Namen verpasst – er heißt somit vorübergehend Rotary Wombat. Bei der Ankündigung zur sechsten Vorabversion von Linux 2.6.26 fordert Torvalds interessierte Linux-Nutzer zum Auszuprobieren auf, da die Kernel-Entwickler ein paar der seit dem Start der 2.6.26-Entwicklung eingeführten Probleme beseitigt haben sollten ("Give it a try, we should have a few less regressions once more"). Zu einem Veröffentlichungstermin von 2.6.26 äußerte er sich bei der Freigabe nicht – vor einigen Tagen hat er indes geschrieben, dass 2.6.26-rc7 vielleicht die letzte Vorabversion sein könnte. Die letzte veröffentlichte Liste der in den Vorabversionen von 2.6.26 gefundenen Fehler enthielt jedoch noch zahlreiche bekannte Fehler.

Rund um X.org gibt es derweil eine ganze Reihe kleinerer Neuerungen. Adam Jackson, Release-Manager der ursprünglich für Ende April geplanten X.org-Version 7.4, hat auf der Mailingliste einen Status-Überblick zur nächsten X.org-Version gegeben, der auf eine baldige Veröffentlichung von X.org 7.4 und dem zugehörigen X-Server 1.5 hoffen lässt. Er und andere Entwickler haben in den vergangenen Tagen einige neue oder überarbeitete Treiber herausgegeben. So werden die Treiber mach64 und r128 für ältere ATI-Grafikkarten nun separat gepflegt und sind nicht mehr Bestandteil des Treiberpakets ati. Von diesem gab es ebenfalls eine neue Version, die die Entwickler als 6.8.191 oder 6.9.0rc1 bezeichnen. Sie enthält nun nur mehr den Wrapper-Treiber ati und den Grafiktreiber radeon, der sich um alte und wie neue Radeon-Grafikchips (r1xx-x6xx) kümmert. Für diese bietet die neue Version zahlreiche Verbesserungen – etwa EXA-Composite-Unterstützung für die r3xx-, r4xx- und r5xx-GPUs und Textured Video auf allen GPUs, mit denen der Treiber umgehen kann.

Ferner veröffentlichten die X.org-Entwickler neue Versionen der Grafiktreiber vesa und vmware. Nachdem bis vor ungefähr einem Monat alles so aussah, als würden verschiedene X.org-Treiber in Zukunft auf das im wesentlichen von Tungsten Graphics entwickelte TTM (Translation Table Maps) zur Speicherverwaltung aufsetzen, planen die Intel-Entwickler nun, auf das von ihnen entwickelte alternative GEM (Graphics Execution Manager) umzusteigen. Bereits mit der Version 2.4 wollen die Intel-Entwickler den erst kürlich integrierten TTM-Code wieder aus dem Grafiktreiber entfernen und ganz auf das weniger komplexe GEM setzen, das vorerst allerdings nur beim Intel-Grafiktreiber zum Einsatz kommen soll (siehe auch LWN.net-Artikel GEM v. TTM).

Kernel-Log-Staccato:

  • Willy Tarreau hat die Linux-Version 2.4.36.6 veröffentlicht, die einen der Fehler korrigiert, den die Version 2.6.25.5 zuvor in der 2.6-Serie behoben hatte
  • Yoann Padioleau hat ein Git-Depot veröffentlicht, das alle verfügbaren Linux-Versionen des Hauptentwicklungsweigs seit Linux 0.01 enthält; er möchte damit die Entwicklungsgeschichte von Linux näher analysieren
  • Sony-Entwickler Geoff Levand hat den PS3 Linux Distributor's Starter Kit 1.8 freigegeben

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich auch in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise open:

Ältere Kernel-Logs finden sich über das Archiv oder die Suchfunktion von heise open. (thl)