Schwedens Parlament stimmt umfassendem Lausch-Gesetz zu

Menschenrechtsgruppen bezeichneten das Gesetz trotz Einschränkungen, die in letzter Sekunde vorgenommen wurden, als extrem weitgehende und international fast einzigartige Verletzung des Persönlichkeitsschutzes.

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Von
  • Jürgen Kuri

Schwedens Reichstag hat grünes Licht für die staatliche Kontrolle des kompletten, Mail-, SMS-, Internet-, Telefon- und Faxverkehrs mit dem Ausland gegeben. Nach Abstrichen vom ursprünglichen Gesetzentwurf stimmten am Mittwochabend 143 Abgeordnete für und 138 gegen die Initiative von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt. Begründet wird das Vorhaben mit dem Ziel, Gefahren "von außen" schneller als bisher erkennen zu können. Die Regierung musste ihren ursprünglichen Entwurf zwei Tage vor Beginn der Parlamentsferien überraschend zurückziehen, weil mehrere Abgeordnete aus dem Koalitionslager ihre Zustimmung verweigerten und Ministerpräsident Reinfeldt vor einer Abstimmungsniederlage im Stockholmer Reichstag stand.

Die Mehrheit von ihnen stimmte dann zu, nachdem die Regierung im Eilverfahren einige neue Kontrollmechanismen für die Arbeit der Abhörstellen in ihren Entwurf eingebaut hatte. Menschenrechtsgruppen bezeichneten das Gesetz als extrem weitgehende und international fast einzigartige Verletzung des Persönlichkeitsschutzes. Auch die sozialdemokratisch geführte Opposition lehnte den veränderten Entwurf ab, weil die staatlichen Behörden ein allumfassendes Abhörrecht ohne Nachweis konkreter Verdachtsmomente bekommen sollen.

Wegen der sich abzeichnenden Abstimmungsniederlage legte Verteidigungsminister Sten Tolgfors aus Reinfeldts konservativer Partei noch am Mittwoch Ergänzungsvorschläge vor. Danach soll die Abhörbehörde ihrerseits von der schwedischen Datenaufsicht sowie einer neuen Kontrollinstanz überwacht werden. Reinfeldt sagte über die zusätzlich vorgeschlagenen Regeln: "Damit wird der Persönlichkeitsschutz deutlich verbessert." Der sozialdemokratische Ex-Justizminister Tomas Bodström nannte sie "reine Augenwischerei".

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(jk)