Microsofts Chef-Lobbyist wird staatlicher Preisüberwacher der Schweiz

Noch hat der designierte Schweizer Preiskontrolleur sein Amt nicht angetreten, da regt sich Unmut über die Personalie. Unter anderem Verbraucherverbände und die Free Software Foundation kritisieren die Berufung des Microsoft-Managers Stefan Meierhans.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 80 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Tom Sperlich

Die Ernennung von Stefan Meierhans zum neuen staatlichen Preisüberwacher der Schweiz sorgt für gewissen Unmut. Der 40-jährige Jurist ist derzeit noch Leiter "Corporate Affairs and Citizenship" bei Microsoft Schweiz. Organisationen wie die Swiss Open Systems User Group (/ch/open) oder die Free Software Foundation Europe und weitere Unterzeichner einer heute veröffentlichten Medienmitteilung nehmen die Ernennung durch die Schweizer Regierung, den Bundesrat, "mit Besorgnis zur Kenntnis". Die Kritiker befürchten, dass Meierhans "diese Rolle nicht unbefangen von seiner bisherigen Tätigkeit bei Microsoft Schweiz ausführen" könne.

Meierhans wäre als siebter Preisüberwacher der erste ohne einen Sitz im Schweizer Parlament. Wie Schweizer Medien berichten, erklärte die zuständige Bundesrätin Doris Leuthard, dass das Unvereinbarkeitsgesetz die Besetzung des "hochpolitischen Amtes" des Preisüberwachers mit einem Parlamentarier nicht mehr zulasse. Gleichwohl hat Meierhans Erfahrung in der Administration der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Bevor er zu Microsoft stieß, wo er vor allem den Generaldirektor in politischen Angelegenheiten berät und Microsoft als Lobbyist vertritt, wirkte Meierhans sechs Jahre lang im Stab der Chefs des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD). Auf politischer Ebene ist er Mitglied des CVP-Vorstandes des Kantons Bern.

Die Unterzeichner der Protestnote geben ihrem "Erstaunen" darüber Ausdruck, dass der Bundesrat ein Mitglied der Microsoft-Managements als künftigen Preisüberwacher gewählt hat. Die /ch/open "stellt die Unbefangenheit einer solchen Person in Frage und befürchtet, dass das vertrauensvolle Amt des Preisüberwachers damit an Glaubwürdigkeit einbüßt". In der von Leuthard als besonderer Vorteil hervorgehobenen Wirtschaftsnähe Meierhans' sehen Verbraucherschutzverbände eine Schwächung des Preisüberwachers, die ein falsches Signal an die Bevölkerung aussende.

Nicht nur durch die Europäische Kommission, sondern weltweit sei Microsoft immer wieder für seine dominierende Marktmacht kritisiert, untersucht und in Kartellverfahren wegen Monopolmissbrauchs wiederholt bestraft worden. Auch in der Schweiz kam Microsoft im Jahre 2000 unter dem damaligen Preisüberwacher Werner Marti in die Kritik des Wettbewerbshüters. Die Organisationen fordern jetzt "eine klare Stellungnahme des Bundesrates" zu ihren Befürchtungen und verlangen von Meierhans "eine Erklärung, wie er sich von seinem aktuellen Arbeitgeber zu distanzieren gedenkt".

Stefan Meierhans soll sein neues Amt am 1. Oktober 2008 in Vollzeit antreten. Um bis dahin das Tagesgeschäft zu gewährleisten, verlängerte der Bundesrat das Mandat des amtierenden Preisüberwachers Rudolf Strahm für eine Dauer von drei Monaten. Die Einrichtung der Preisüberwachung ist eine ursprüngliche konjunkturpolitische Maßnahme zur Kontrolle der Preise, Löhne und Gewinne, welche die Eidgenössischen Räte Ende 1972 verabschiedeten. Heute sind alle Preise von Kartellen und marktmächtigen Unternehmen des öffentlichen und privaten Rechts dem Preisüberwacher unterstellt. Der Kontrolleur hat allerdings nur ein Empfehlungsrecht. (Tom Sperlich) / (vbr)