Die Welt in neuem Licht
LED-Lampen sparen Energie. Das ist gut – aber nicht das Beste an ihnen. Sie lassen sich intelligent steuern und machen damit undenkbar Anwendungen möglich.
- Boris Hänßler
LED-Lampen sparen Energie. Das ist gut – aber nicht das Beste an ihnen. Den Lichtmarkt verändern werden sie aus einem anderen Grund: Sie lassen sich intelligent steuern und machen damit Anwendungen möglich, die lange undenkbar waren.
Lange Jahre glänzte die Lichtbranche nicht gerade mit Innovationsgeist. Die Glühbirne wurde schon Ende des 19. Jahrhunderts erfunden, die Leuchtstoffröhre fand Ende der 1930er den Weg auf den Massenmarkt. Die Glühlampe wurde zur energieeffizienteren Halogenlampe, die Leuchtstoffröhre zur Energiesparlampe weiterentwickelt. Das war es. Doch dann kam die LED – und mit ihr eine echte technische Revolution. Das Erstaunliche: Diese gänzlich neue Lichttechnik setzt sich nicht deshalb durch, weil sie Energie spart, sondern weil sie langlebig, vielfältig – und intelligent steuerbar ist. Die LED regt erstmals seit langer Zeit eine ganze Generation von Designern an, über unser Licht neu nachzudenken.
Lichttechnik war zwar schon immer Lifestyle. Doch der Lampenmarkt war allzu lange in der Hand großer Konzerne: Osram, Philips, General Electric. Lediglich bei den Leuchten – dem Körper für die Glühlampen – tobten sich mittelständische Unternehmer aus. Sie sahen ihre Expertise eher im Bereich Design als in der Technik. Doch das geht nicht mehr: „Die Leuchten erfordern immer mehr technische Kompetenzen, da Lampen und Leuchten auf lange Sicht nicht mehr getrennt betrachtet werden können“, sagt Jürgen Waldorf vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). Nur so können sie das Potenzial der kleinen, punktuellen Lichtquellen ausnutzen und davon profitieren, dass sich deren Strahlen exakt ausrichten lassen. „Das Gute daran ist: Deutschland wird als Produktionsstandort wieder attraktiv, weil die Unternehmen mit der Nähe zu den Kunden deren Bedarf rascher decken können – und sich zudem eine höhere Qualität versprechen. Das ist der Grund, weshalb Unternehmen ihre LED-Produktion teilweise nach Deutschland zurückholen.“ Osram etwa will zehn Millionen Euro in das eigene Werk im bayerischen Eichstätt investieren, um dort künftig eine neue LED-Generation zu produzieren.
Lohnen dürfte sich der Schritt. Die LED hat in den letzten Jahren eine steile Karriere hingelegt: Etwa alle sechs Monate erschien eine neue Modellgeneration am Markt. Die Lampen sind in Straßenlaternen, Autoscheinwerfern und Kaufhäusern verbaut – und immer mehr auch in Privaträumen. Sie kosten zum Teil weniger als zehn Euro, und sie haben ihre Kinderkrankheiten überwunden. Heute ist es Standard, dass LEDs zwischen 20 000 und 50 000 Stunden halten. Selbst die vor wenigen Jahren noch von Designern monierte mangelhafte Lichtwärme – die Wiedergabe des natürlichen Lichts – ist kein Thema mehr. „Die LED hat im Blaubereich zwar noch einen leichten Nachteil gegenüber der Halogenlampe“, sagt Martin Klingler, Lichttechniker und Lehrbeauftragter für Lichtgestaltung an der TU München. „Aber der Unterschied ist zumindest bei den höherwertigen Lampen so minimal, dass er einem Laien nicht auffällt.“
Damit eignet sich die LED selbst für Museen, wo es besonders auf natürliche Lichteffekte ankommt. Die Kunstgalerie Lenbachhaus in München hat seit Mitte 2013 eine reine LED-Beleuchtung, deren Licht sich kaum vom Tageslicht unterscheidet. Die Leuchten bestehen aus fünf verschiedenfarbigen LEDs von Osram. Und auch in der Sixtinischen Kapelle wurden 60 Osram-Leuchten mit insgesamt etwa 7000 LEDs installiert. Das Lichtspiel soll an die Atmosphäre zu Zeiten Michelangelos erinnern, als die Decke mit Kerzen und Fackeln erhellt wurde. „Die Beleuchtung in diesen Museen ist beeindruckend und ein Beweis für die heutige Qualität der LED“, urteilt Martin Klingler. „Das Problem für Lichtplaner ist eher, den Überblick über die Vielzahl der Lösungen zu behalten.“ Laut einer Analyse des US-Marktforschungsunternehmens WinterGreen Research gab es Ende 2013 etwa 150 unterschiedliche LED-Lampen zu kaufen. Und die Vielfalt wird eher zu- als abnehmen. Je nach Studie heißt es, die LED werde bis 2020 einen Anteil von rund 70 bis 80 Prozent am weltweiten Beleuchtungsmarkt erreichen. Aktuell liegt der Marktanteil in Deutschland bei ungefähr 20 Prozent.
„Effizienz und Preis sind zwar nach wie vor wichtige Themen, doch Innovationen kommen in den nächsten Jahren vor allem bei der Steuerung des Lichts – der intelligenten Anpassung an unseren Alltag“, sagt Jürgen Waldorf vom ZVEI. Den Entwicklern hilft, dass Forscher heute viel besser verstehen, wie Licht zu unserem Wohlbefinden beiträgt, sei es am Arbeitsplatz, in der Schule, in Geschäften, Büros oder im Wohnraum (siehe S. 96). Inzwischen drängen viele Start-ups auf den Markt, die sich mit Ideen zur Lichtintelligenz überbieten. iLumi ist eines davon. Das texanische Unternehmen bringt mit Kickstarter-Hilfe zwei smarte LED-Lampen auf den Markt, die der Nutzer programmieren kann. Die Lampen lassen sich in gewöhnliche Fassungen einschrauben. Die „SMALL A21“ produziert ein Licht mit 800 Lumen – die Einheit beschreibt die Helligkeit des Lichts. Zum Vergleich: 700 bis 750 Lumen entsprechen den alten 60-Watt-Glühbirnen. Die LED verbraucht allerdings nur zehn Watt. Die zweite Lampe „LARGE PAR30“ leuchtet mit 1100 Lumen und 15 Watt. Das besondere an iLumi ist aber die Steuerung: Sie erfolgt über Bluetooth und soll bei Sichtkontakt über 30 Meter hinweg funktionieren. Jede Lampe lässt sich einzeln anpeilen. Die smarten LEDs kommunizieren zudem untereinander, sodass sie Steuerbefehle wie in einer Kette weiterreichen können.
Die Fokus-Artikel im Einzelnen:
Seite 86 - Trend: LEDs erlauben ganz neue Beleuchtungseffekte
Seite 92 - Scheinwerfer: Autohersteller arbeiten an blendfreiem Fernlicht
Seite 94 - Sonnenstrahlung: Richtig gelenkt, kann Tageslicht Innenräume optimal ausleuchten
Seite 96 - Lichtgestaltung: Mit Farb-LEDs lassen sich Stimmungen gezielt steuern
Seite 98 - StraĂźenlampen: Sensorgeregelte Laternen sollen den Energieverbrauch senken
Seite 99 - Dunkelheit: Der brandenburgische Ort GĂĽlpe ist Deutschlands erster Sternenpark
(grh)