RoboCup German Open: Die Sieger stehen fest

In Hannover standen heute Finalentscheidungen in verschiedenen Disziplinen des RoboCups auf dem Programm. In der Humanoid League und der Middle Size League traten jeweils Erzrivalen gegeneinander an.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Kathrin Gräve vom Team NimbRo arbeitet am Roboter "Dynamaid", mit dem NimbRo bei RoboCup@home auf Anhieb den zweiten Platz erreichte.

Die Nao-Roboter eröffneten am letzten Tag der RoboCup German Open den Reigen der Endspiele, zunächst allerdings als Simulation. In der 3-D Simulation League sind die Spieler nach dem Vorbild des Zweibeiners der französischen Firma Aldebaran Robotics modelliert. Auf einem vom Soccer Server generierten Spielfeld, auf dem auch physikalische Kräfte wie Gravitation oder Reibung simuliert werden, traten die Teams Bold Hearts von der University of Hertfordshire und Scorpius (Universitäten Teheran und Isfahan) gegeneinander an. Die Bewegungen der Spieler waren sehr nahe an denen der realen Naos. Es kam auch ähnlich häufig zu Stürzen. Die Bold Hearts waren aber deutlich schneller, nicht nur beim Laufen, sondern auch bei der Ausrichtung zum Schuss. Viermal trafen sie das Tor, Scorpius gar nicht.

Das Spielfeld, auf dem sich bald darauf die realen Naos zum Finale versammelten, war deutlich kleiner als in der Simulation. Aber ansonsten glichen sich die Abläufe. Hier standen sich mit B-Human und dem Nao-Team HTWK aus Leipzig zwei Teams gegenüber, die zuvor noch nicht gegeneinander gespielt hatten. Niemand wusste, wie die jeweiligen Strategien sich gegen den unbekannten Gegner bewähren würden. Leipzig war zwar im Sprint klar schneller als Bremen, konnte diesen Vorteil aber nicht nutzen. Im Umgang mit dem Ball fehlte es einfach an Präzision, außerdem konnten die Leipziger nur zwei Spieler aufs Feld bringen, während B-Human in voller Besetzung mit drei Spielern antrat. Es entwickelte sich ein Spiel auf ein Tor: Bremen gewann am Ende mit 9:0. Das Leipziger Team kann sich aber eigentlich nicht beklagen. Als kompletter Neuling in dieser Liga und mit weniger Vorbereitungszeit als die anderen Teams auf Anhieb Platz zwei zu erreichen, ist ein schöner Erfolg.

Der Torwart des Nao-Teams HTWK aus Leipzig zeigte im Finale eine gute Haltung, aber leider gar keine Reaktionen.

Es stärkt auch die Position derjenigen, die für mehr Standardplattformen beim RoboCup plädieren. Solche für alle verbindlichen oder zumindest verfügbaren Roboter erleichtern neuen Teams den Einstieg in den Wettbewerb, weil sie sich dann nicht groß um Hardware-Fragen kümmern müssen. Auch bei der Middle Size und der Rescue Robot League wird darüber diskutiert, solche Plattformen einzuführen. Es könnte den Input an Ideen und Konzepten, die beim RoboCup einen evolutionären Kampf ums Dasein austragen, verstärken. Gerade in der Middle Size League mit ihrem großen Hardware-Aufwand ist der Einstieg für neue Teams derzeit kaum möglich.

Was es bei den diesjährigen RoboCup German Open auch zu beobachten gab, war der Wechsel etablierter Teams in andere Ligen. So engagiert sich der mehrfache Humanoid-Weltmeister NimbRo jetzt auch in der Liga RoboCup@home. Die Darmstadt Dribblers, die ebenfalls seit langem in der Humanoid League spielen, waren in diesem Jahr erstmals auch in der Rescue Robot League dabei.

Die größte Aufmerksamkeit fand aber das erneute Zusammentreffen dieser beiden Rivalen im Endspiel der Humanoid League. Schon oft haben die Dribblers und NimbRo gegeneinander gespielt. Immer sind die Partien zu Gunsten NimbRos ausgegangen. Immer konnte man den Eindruck haben, dass der Vorsprung nur hauchdünn war. Das war dieses Mal nicht anders. Zwar scheint das Ergebnis von 8:2 eine deutliche Überlegenheit von NimbRo auszudrücken. Doch hinsichtlich Tempo und Genauigkeit der Bewegungen lagen die Darmstädter nicht so weit hinter ihren Gegnern zurück. Durchaus denkbar, dass sie bei einer späteren Analyse des Spiels die entscheidenden Schwachpunkte ausmachen und diese bis zur Weltmeisterschaft Anfang Juli in Graz beheben können. Dann könnte es zu einer Neuauflage dieses Klassikers kommen.

Das Endspiel in der Middle Size League (im Vordergrund die Roboter der Brainstormers Tribots) stieß auf großes Zuschauerinteresse.

Die andere klassische Begegnung des Finaltags wurde in der Middle Size League ausgetragen: Brainstormers Tribots gegen 1. RFC Stuttgart. In der Vorrunde waren die beiden schon einmal aufeinander getroffen. Da hatte Stuttgart 1:0 gewonnen. Aber bislang war den Stuttgartern noch nie in einem Finalspiel der Sieg über die Rivalen gelungen. Diese Serie ist jetzt beendet: Die viel schnelleren Roboter aus Stuttgart bezwangen die Brainstormers mit vier Treffern, von denen einige gute Kandidaten für das Tor des Monats hergeben würden. Die Brainstormers trafen kein einziges Mal. Doch sie haben einen Trost: In der 2-D-Simulation gelang ihnen im Finale ein 4:0 über DAInamite von der TU Berlin.

NimbRo kann sich zusätzlich zum Sieg in der Humanoid League über einen zweiten Platz im Wettbewerb RoboCup@home freuen, bei dem das Team in diesem Jahr erstmals mitmachte. Sieger wurden die b-it-bots aus Bonn. Platz drei erreichte Homer von der Universität Koblenz. Das besondere an diesem Roboter: Er verwendet die gleiche Plattform, mit der das Koblenzer Team auch in der Rescue League antrat. Lediglich die Aufsätze wurden je nach Wettbewerb ausgetauscht, was innerhalb weniger Minuten bewerkstelligt werden kann. In der Rescue Robot League reichte das sogar für den ersten Platz.

Bemerkenswert an den diesjährigen RoboCup German Open war das Layout der Halle. Die Spielfelder waren ausgesprochen übersichtlich angeordnet, keine Liga musste den Eindruck haben, an den Rand oder ins Abseits abgedrängt worden zu sein. Auch die Kombination mit Messeständen von Ausstellern ist grundsätzlich eine gute Idee. Welche Firmen und Produkte am besten zum RoboCup und seiner besonderen Atmosphäre passen, muss aber weiter erprobt werden. Die richtige Mischung war in diesem Jahr noch nicht erreicht.

Siehe dazu auch:

(Hans-Arthur Marsiske) / (pmz)