Blut für Kunstorgane

US-Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich im Labor gezüchtete Organe mit Nährstoffen versorgen lassen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Susan Young

US-Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich im Labor gezüchtete Organe mit Nährstoffen versorgen lassen.

Künstlichen Geweben hat bislang immer etwas ganz Wesentliches gefehlt: Blutgefäße, die Nährstoffe und Sauerstoff heranschaffen und Abfallstoffe sowie Kohlendioxid abtransportieren. Jetzt haben Forscher der Harvard University ein 3D-Druckverfahren entwickelt, mit dem sich Gewebe inklusive Blutgefäße herstellen lässt. Das könnte, so schreiben die Forscher, der entscheidende Durchbruch für die Entwicklung künstlicher Organe sein. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Online-Fachmagazin "Advanced Materials" (DOI: 10.1002/adma.201305506).

Noch immer sterben Tausende von Menschen jedes Jahr, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten. Gezüchtete Kunstorgane wären für viele die rettende Lösung. Tatsächlich haben Forscher in den letzten Jahren enorme Fortschritte in der Entwicklung von solchen Geweben erzielt. Mehreren Patienten haben Mediziner bereits erfolgreich künstliche Luftröhren eingepflanzt, entwickelt aus ihren körpereigenen Stammzellen. In Experimenten zeigten Forscher zudem, wie sich Stammzellen unter speziellen Kulturbedingungen zu hirnähnlichen Geweben, Leberstücken oder Sehzellen entwickelten.

Doch sobald es um größere und komplexere Gewebestücke geht, scheitern alle Projekte an derselben Hürde: Mangels Gefäßen werden die tief im Gewebe sitzenden Zellen nicht ausreichend versorgt und sterben ab. Dieses Problem wollen die Materialforscherin Jennifer Lewis und ihr Team lösen. Mit einem speziell angefertigten 3D-Drucker sowie Bio-Tinten auf Gelatine-Basis stellten sie aus mehreren gedruckten Schichten Hautgewebe her, das von aderähnlichen Röhrchen durchzogen ist. Die erste Tinte enthielt Hautzellen von Mäusen oder von Menschen. Die zweite formte die sogenannte extrazelluläre Matrix. Sie bildet eine Art Gerüst aus Eiweißen und anderen biologischen Molekülen um die Zellen im Körper.

Gewebe und damit auch die Haut erhalten dadurch ihre Festigkeit. Alle Tinten sind dickflüssig genug, um nach dem Druck ihre Form beizubehalten. Was nun noch fehlte, waren die Kanäle für Blutgefäße. Um sie herzustellen, entwickelte das Team eine völlig anders geartete Tinte. Sie hat bei Raumtemperatur ebenfalls eine gallertartige Konsistenz, wird aber flüssig, wenn man sie kühlt. Damit druckten die Forscher dünne Fäden zwischen die anderen Tinten, kühlten danach das Gewebe ab und saugten die flüssig gewordene Gefäßtinte vorsichtig ab. Zurück blieben die hohlen Kanälchen. In sie flößte das Team dann Zellen ein, aus denen die Wände natürlicher Adern bestehen.

"Bis solche Gewebe tatsächlich natürliche Organe ersetzen können, ist es allerdings noch ein weiter Weg. Trotzdem haben wir einen entscheidenden Schritt dahin gemacht, Organe zu drucken oder wiederherzustellen", sagt Lewis. Zwar sind die kleinsten gedruckten Röhrchen mit einem Durchmesser von 75 Mikrometern noch viel größer als die feinen Kapillaren, die für den Nährstoffaustausch im Körper sorgen. Lewis' Team hofft aber, dass es reichen wird, das Grundgerüst der Blutgefäße innerhalb der Kunstgewebe zu erstellen. Die kleineren Blutgefäße könnten sich dann mit dem Rest des Gewebes entwickeln. "Wir wollen die Natur dazu bewegen, den Rest der Arbeit zu übernehmen", sagt Lewis. (bsc)