Studie: Einzelhandel wird jährlich um 4 Milliarden Euro betrogen

Aktuellen Erhebungen des EHI Retail Institute zufolge summieren sich die jährlichen Inventurdifferenzen im Einzelhandel auf rund 4 Milliarden Euro. Statistisch betrachtet, unterschlägt demnach jeder deutsche Haushalt pro Jahr Waren im Wert von 50 Euro.

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Von
  • Matthias Parbel

Aktuellen Erhebungen des EHI Retail Institute e.V. zufolge summieren sich die jährlichen Inventurdifferenzen im Einzelhandel auf rund 4 Milliarden Euro. Knapp die Hälfte dieses Schadens ist nach Einschätzung des EHI unehrlichen Kunden zuzuschreiben. Demnach unterschlägt jeder deutsche Haushalt – statistisch betrachtet – pro Jahr Waren im Wert von mindestens 50 Euro. Gut ein Viertel des jährlichen Fehlbetrags geht auf das Konto betrügerischer Mitarbeiter in den Unternehmen. Der Schaden trifft nicht allein den Handel, auch dem Fiskus entgehen Mehrwertsteuereinnahmen von rund 400 Millionen Euro im Jahr.

Während die Branche – insbesondere die Filialunternehmen – mit zunehmender Sorge auf die wachsende organisierte Kriminalität im Ladendiebstahl blickt, bleibt jedoch der "traditionelle" Diebstahl durch einzelne Kunden nach wie vor das Hauptproblem. Um sich gegen die steigende Kriminalität zu schützen und die sogenannten Inventurverluste zu minimieren, investiert der Einzelhandel laut EHI jährlich bis zu einer Milliarde Euro (entspricht durchschnittlich 0,3 Prozent des Umsatz). Die Gesamtbelastung summiert sich demnach auf gut 5 Milliarden Euro im Jahr, die dem Verbraucher in Form höherer Preise aufgebürdet werden.

Positive Signale sendet unterdessen die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS 2007), die für das vergangene Jahr 428.553 einfache angezeigte Ladendiebstähle ausweist – gegenüber 2006 ergibt sich ein Rückgang um 6,6 Prozent. Insbesondere mit Blick auf die aktuellen Inventurdifferenzen sieht der Einzelhandel dennoch keine Entspannung. Nach Angaben des EHI schätzt die Branche die Zahl der jährlich unerkannten – und daher auch nicht zur Anzeige gebrachten – Ladendiebstähle auf gut 30 Millionen. Dabei sollen durchschnittlich Waren im Wert bis zu 60 Euro gestohlen werden.

Wesentliche Gründe für das Dilemma sieht der Einzelhandel in der Tatsache, dass angesichts immer längerer Ladenöffnungszeiten mit gleichzeitig immer weniger Personal eine wirksame Prävention zunehmend schwerer wird. Die Branche setzt ihre Hoffnungen daher in den Ausbau von Überwachungsmaßnahmen wie Detektiven und Videosystemen. Denn Untersuchungen des EHI hätten gezeigt, das Einzelhandelsunternehmen bis zu 70 Prozent der aufgedeckten Ladediebstähle dem Einsatz von Detektiven verdanken, bei Videoüberwachung liegt die Quote zumindest schon bei 40 Prozent.

Das EHI Retail Institute beschäftigt sich als wissenschaftliches Institut seiner rund 500 Mitglieder – die sich aus internationalen Handelsunternehmen, deren Branchenverbänden sowie Herstellern von Konsum- und Investitionsgütern und Dienstleistern zusammensetzen – mit relevanten Zukunftsthemen der Branche. Aus den Studien zu Bereichen wie Informationstechnik, Zahlungssysteme, Logistik, Verpackung, Sicherheitstechnik, E-Commerce, Betriebstypen, Ladeneinrichtung und Marketing sollen konkreten Handlungsempfehlungen für die Mitglieder abgeleitet werden. (map)