Krankenkassen fordern sanktionsbewehrte Termine für die Gesundheitskarte

800 Millionen Euro sind laut der gesetzlichen Krankenkassen in die Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) geflossen, und das reicht noch nicht einmal. Wer jetzt noch blockiert, sollte bestraft werden, finden die Kassen.

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Von
  • Detlef Borchers
  • Hannes A. Czerulla

Die gesetzlichen Krankenkassen wollen den Gesetzgeber auffordern, die Verbände der Ärzte und Zahnärzte ("Organisationen der Leistungserbringer") in Bezug auf die elektronische Gesundheitskarte (eGK) in die Pflicht zu nehmen. Das beschlossen sie auf der Sitzung des Verwaltungsrates des Gesamtverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverbände). Insbesondere wünschen sich die Kassen "sanktionsbewehrte, verbindlich einzuhaltende Termine für die vorgesehene Verpflichtung zur Prüfung und Aktualisierung der eGK". Im Klartext sollen die Ärzte und Zahnärzte dazu verpflichtet werden, die Stammdaten auf der eGK online zu prüfen. Dies sei unabdingbar, um finanziellen Schaden von den Beitragszahlern abzuwenden.

In der Erklärung des GKV-Spitzenverbandes heißt es, dass die Kassen 800 Millionen Euro in das größte deutsche IT-Projekt investiert haben. Dies sei geschehen, weil Patienten und Versicherte in Deutschland eine moderne Infrastruktur bräuchten, über die Gesundheitsdaten geschickt werden. Nun sind weitere Investitionen zwar fällig, aber kritisch. In der GVK-Erklärung heißt es: "Das Projekt droht die finanzielle Schmerzgrenze zu überschreiten und damit das im Sozialgesetzbuch verankerte Gebot der Wirtschaftlichkeit zu verletzen".

Bisher hätten die ausgegebenen Gesundheitskarten weder einen Nutzen noch existiere die telematische Infrastruktur. "Grund hierfür ist, dass Teile der Leistungserbringerorganisationen immer wieder das Ziel einer transparenten und nutzenbringenden Online-Infrastruktur unterlaufen und eine rückwärtsorientierte offline-Anwendung anstreben." Es sei zudem nicht hinnehmbar, dass die Organisationen der Ärzte oder Zahnärzte teure Parallelnetze aufbauen. Hier spielen die Krankenkassen auf Systeme wie das KV-Safenet der kassenärztlichen Bundesvereinigung an. Die Blockierer im weißen Kittel sollen deshalb vom Gesetzgeber sanktioniert werden, wenn sie sich dem Online-Anschluss verweigern: Über die Lesegeräte in den Praxen sollen eigentlich quartalsweise die Stamm- und Zuzahlungsdaten der Versicherten mit den Datenbeständen der Krankenkassen abgeglichen werden.

Der Vorstoß der gesetzlichen Krankenkassen ist nicht ohne Ironie: Es sind schließlich die Kassen, die ihren Versicherten die PIN-Briefe verweigern, mit denen das Schlüsselmaterial auf der elektronischen Gesundheitskarte genutzt werden könnte. Jeder Versicherte hält mit seiner eGK eine Karte in der Hand, auf der Schlüsselmaterial gespeichert ist, das als fortgeschrittene Signatur online vielfältig einsetzbar wäre. So ist es denkbar, dass die X.509-Zertifikate dazu verwendet werden, die im E-Mail-Verkehr eine durchgängige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu etablieren. (hcz)