Deutsche Digitale Bibliothek geht in den Regelbetrieb

Mit rund acht Millionen Datensätzen haben Bund und Länder die Vollversion der Deutschen Digitalen Bibliothek freigeschaltet. Sie verfügt über einige neue technische Funktionen und Erweiterungen etwa für die semantische Suche.

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Rund anderthalb Jahre nach dem Start der Beta-Version der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) haben Politiker und Mitstreiter am Montag in Berlin das vollständige Portal präsentiert. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Sprecher des DDB-Vorstands sprach ausdrücklich von der "ersten Vollversion". Sie werde aber wohl "unentwegte weiterentwickelt.

In der Gemäldegalerie auf dem Kulturforum während der Präsentation.

Das neue Zugangsportal zu Kultur und Wissen bot anfangs Zugriff auf etwa fünf Millionen Datensätze. Sie stammten aus rund 90 Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen wie Museen, Archiven oder Bibliotheken. Mittlerweile sind etwa acht Millionen Objekte aus über 100 Institutionen darin verzeichnet. Ziel ist weiter die Eingliederung digitaler Bestände aus bis zu 30.000 Einrichtungen.

Technisch wartet die überarbeite Version etwa mit den bereits versprochenen semantischen Suchmöglichkeiten auf: Die automatische Darstellung damit aufgedeckter inhaltlicher Bezüge zwischen einzelnen Objekten soll unter anderem Überraschungsfunde ermöglichen. Nutzer können zudem zwischen benachbarten Einträgen hin und her navigieren, erhalten kontextbezogen weitere Suchtreffer. Zudem werden sie auf Zusatzinformationen inner- und außerhalb der DDB verwiesen.

Monika Grütters und Hermann Parzinger

Der semantische Bezug wird über sogenannte kontrollierte Vokabulare und Normdaten hergestellt, die auch über "Entitätenseiten" sichtbar werden. Auf diesen finden sich gesammelt weitergehende Informationen zu einzelnen Personen sowie Verknüpfungen zu Objekten im Bestand.

Die neue Suchfunktion verspricht zudem relevanzbasierte Trefferlisten sowie die automatische Vervollständigung von Suchworten in Form der von kommerziellen Angeboten bekannten Vorschlagfunktion. Dazu kommen auch eine Zeitraumsuche sowie rollenbasierte Facetten, mit der eine Person als Urheber oder als Rolle in einem digitalisierten Buch einfacher aufgefunden werden soll.

User können sich zudem jetzt mit einem eigenen Konto auf der Plattform anmelden und erhalten so Zugriff auf einen personalisierbaren Bereich für Favoritenlisten, Anmerkungen und eigene Themenseiten. Auch können sie persönliche Suchanfragen speichern und Objekte aus der Datenbank sowie persönliche "virtuelle Sammlungen" über soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook oder Google+ teilen. Mobile Endgeräte werden auch besser unterstützt.

Gefeilt haben Experten vom FIZ Karlsruhe, das für den technischen Betrieb der zentralen DDB-Infrastruktur zuständig sind, zudem an der Programmierschnittstelle des Kernsystems, über die nach einer Registrierung jeder auf bereitgestellte Daten und Funktionen zugreifen kann. Diese API liefert Metainformationen aus, die unter einer liberalen Creative-Commons-Lizenz stehen, damit sie Dritte weitreichend nachnutzen können. Ende April sollen Entwickler bei einem "Hackathon" gemeinsam mit Wikimedia und der Open Knowledge Foundation Ideen zum weiteren Einsatz der API und der darüber verfügbaren Sammlungen austüfteln.

26 Millionen Euro seien mittlerweile für Infrastruktur und Betrieb bereits in die DDB geflossen, führte die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, aus. Dies könne aber nur ein Anfang sein, da auch die Digitalisierung in den einzelnen angeschlossenen Institutionen weitergehen müsse. Das Geld ist der CDU-Politikerin zufolge aber gut angelegt, da das Portal "in öffentlicher Verantwortung bleiben" solle. Mögliche Kooperationen mit privaten Anbietern seien zwar nicht ausgeschlossen, dürften aber "das Wesen und die Aufgabe der DDB nicht beeinträchtigen".

Google habe mit seiner eigenen Digitalisierungsinitiative "Books" zwar "viel Furore" gemacht, räumte Grütters ein. Der Internetkonzern löse aber auch Besorgnis vor einem Informationsmonopol aus. Ein solches müsse verhindert werden, "weil sie auch zu Deutungsmonopolen werden können". Die DDB arbeite "jenseits der kommerziellen Logik des Marktes" und solle auch werbefrei bleiben.

Als Leitbild der Digitalbibliothek bezeichneten die Redner, jedermann zu jederzeit entgeltfrei über das Internet Zugang zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe Deutschlands zu eröffnen, also zu Millionen von Büchern, Archivalien, Bildern, Skulpturen, Musikstücken und anderen Tondokumenten, Filmen und Noten. "Es geht um nicht weniger, als unsere digitale Souveränität zu wahren", unterstrich Grütters. Ein Anliegen sei es, auch Nutzer für die Kultur und ihren "aufrüttelnden Impetus" zu interessieren, die mehr im Netz als sonst wo zuhause seien. Daher soll dieses Jahr mit dem Ausbau eines speziellen Kinder- und Jugendportals begonnen werden.

Für den Vorstand freute sich Parzinger, dass der Regelbetrieb "das Jahrhundertprojekt einen großen Schritt vorangebracht hat". Die DDB sei damit zu einem wichtigen Bestandteil der Europeana geworden, für das sie als nationale Schnittstelle fungiert. Der Kulturmanager erinnerte zugleich daran, dass "die Fünfjahresförderung bald zu Ende ist" und die Finanzierung auf eine langfristige Grundlage gestellt werden müsse. Nun stehe eine Evaluation des bisher Erreichten an, bevor über die weitere Entwicklung zu sprechen sei. (anw)