Bericht: Britisches Geheimdienstkomitee verlangt Einschränkungen der Berichterstattung

Die Medien sollen nach dem Willen des Intelligence and Security Committee in Fällen, welche die nationale Sicherheit berühren, zum Schweigen verpflichtet werden.

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Von
  • Thomas Pany

Bislang gibt es Großbritannien, wie in vielen anderen Ländern auch, informelle Absprachen zwischen Regierung und Medien, wenn es um Berichterstattung in Fällen geht, in denen die nationale Sicherheit eine Rolle spielt, etwa bei Terroranschlägen. Das soll sich in Großbritannien nun ändern. Wie die Tageszeitung Independent heute berichtet, versucht das Geheimdienstkomitee Intelligence and Security Committee (ISC) derzeit Pläne bei Ministern und Parlamentsabgeordneten für ein Gesetz durchzusetzen, durch das Medien künftig von der Berichterstattung abgehalten werden, wenn diese gegen die "Interessen der nationalen Sicherheit" verstößt.

Das "Komitee für Geheimdienstinformationen und Sicherheit" ist ein Aufsichtsgremium der Geheimdienste MI5, MI6 und GCHQ, das dem Premierminister unterstellt ist. Die Mitglieder des Komitees werden von allen Parteien gestellt und kommen aus beiden Parlamentskammern. Laut dem Zeitungsbericht ist das Komitee eng mit dem Verteidigungsministerium verbunden. Aus dessen Führungskreisen hat die Zeitung nach eigenen Angaben von den Plänen für das Gesetzesvorhaben erfahren. In einem Bericht, der Ende des Jahres erscheinen soll, empfehle das ISC die Gründung einer Kommission zur Ausarbeitung dieser Pläne.

Die bisherige Praxis der freiwilligen Absprachen zwischen Regierung und Medien sei durch "undichte Stellen" gefährdet, so das Argument der Befürworter einer neuen Regelung. Kritik an der mangelnden Effizienz dieser informellen Vereinbarung, die gesetzlich nicht einforderbar ist, gab es schon im ISC-Bericht 2007. Zusätzlich wird noch auf einen Fall aus dem Jahre 2006 verwiesen, bei dem es um ein Vorhaben von Islamisten ging, die einen britischen Soldaten entführen und töten wollten. Die Medien bekamen schnell Wind von der "Operation Gamble" und hefteten sich ebenfalls auf die Spur der Verdächtigen. Für die damalige Chefin des MI5, Eliza Manningham-Buller, ein Ärgernis, da die "sehr sehr schnelle Berichterstattung" die Aktion "möglicherweise gefährden" hätte können.

Doch auch die Gegner des Vorhabens, Bürgerechtsgruppen und Anwälte, die sich für Menschenrechte einsetzen, haben Fallbeispiele parat, die belegen, warum sie den ISC-Vorschlag für "sehr gefährlich" halten. So weist eine bekannte Anwältin auf das Schicksal eines Studenten in Nottingham hin, der sechs Tage ohne Anklage festgehalten wurde, "weil er etwas aus dem Internet für seine Doktorarbeit heruntergeladen hatte". Der Fall sei nur ans Licht gekommen, weil die Medien darauf aufmerksam wurden. Einem Bericht der Times Higher Education zufolge waren ein Student und ein Mitarbeiter der University of Nottingham im Mai diese Jahres sechs Tage lang in Polzeigewahrsam, weil der Student eine redigierte Version des al-Qaida-Handbuchs von einer US-Regierungsseite heruntergeladen und an den Mitarbeiter, der einen Drucker hatte, weitergeschickt hatte. Der Student bereitete einen PHD-Universitätsabschluss zum Thema "radikale islamistische Gruppierungen" vor.

Dass Großbritannien vor wenigen Wochen mit Hilfe von Antiterrorgesetzen Druck auf Island ausübte, um Garantien für britische Einlagen bei isländischen Banken einzufordern, ist für Gegner der Beschränkung von Grundgesetzen im Namen der nationalen Sicherheit ein Hinweis dafür, wie weit dieses nationale Interesse ausgedehnt werden kann. ()