US-Richterin zwingt Microsoft zur Herausgabe von technischen Dokumenten zu Windows

Über technische Dokumente zu Kommunikationsprotokollen hinaus muss Microsoft den Kartellwächtern nun auch detaillierte "Design-Informationen" zu Windows übergeben.

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Eine US-Richterin hat Microsoft zur Herausgabe von detaillierten Dokumenten zur Funktionsweise von Windows aufgefordert, berichtet das Wall Street Journal. Die im Kartellverfahren gefundene Einigung zwischen Microsoft und der Regierung verlange die Herausgabe der Dokumente, meinte Richterin Colleen Kollar-Kotelly bei einer Anhörung zur Einhaltung der Kartellauflagen. Damit hat sich die Richterin auf die Seite der Kläger gestellt. Microsoft ist bisher davon ausgegangen, die im Jahr 2002 mit der US-Regierung und einigen Bundesstaaten erzielte Einigung im Kartellverfahren erfordere keine detaillierte Dokumentation, sondern lediglich eine zusammenfassende. Für Kollar-Kotelly hingegen ist die Offenlegung der Dokumente die zwingende Voraussetzung dafür, dass Entwickler mit Windows laufende Anwendungen schaffen können.

Microsoft hat den Berichten zufolge zugesagt, im März 2009 vorläufige Dokumente vorzulegen. Eine finale Version der technischen Dokumentation soll Ende Juni 2009 verfügbar sein. Einen konkreten Zeitplan für die Herausgabe wolle Microsoft im kommenden August vorlegen. Das Wall Street Journal zitiert das bei Microsoft für Server und Tools zuständige Vorstandsmitglied Bob Muglia, der sie als "Design-Dokumente" bezeichnete, die erklärten, wie ein System mit einem Subsystem auf einem anderen Computer interagiert. Die Interessenten würden sie "sehr nützlich" finden.

Kollar-Kotelly wies die Microsoft-Vertreter während der gestrigen Anhörung auch darauf hin, dass sie das technische Komitee (TC), das die Einhaltung der Kartellauflagen überwacht, vor Änderungen in veröffentlichten Dokumenten unterrichten müssten. Dies ist offensichtlich in jenen Protokollspezifikationen geschehen, die Microsoft seit Februar offenlegt. Der Konzern war der Meinung, es habe sich um kleine Änderungen gehandelt, die er nicht hätte melden müssen, stimmte nun aber der Richterin zu.

Ein weiteres Problem, das in der gestrigen Anhörung zur Sprache kam, sind so genannte Technical documentation issues. Die Zahl der "identifizierten Probleme" in den bisher von Microsoft dargelegten technischen Dokumenten sei von etwa 900 auf nunmehr knapp 1300 angestiegen. Muglia meint, der Anstieg sei darauf zurückzuführen, dass sein Konzern einige hundert Mitarbeiter abgestellt hat, um solche Probleme aufzuspüren. Laut dem Statusbericht des US-Justizministeriums zum gestrigen Treffen sind 750 Microsoft-Mitarbeiter mit der Dokumentation der Windows Communication Protocols (MCPP) beschäftigt.

Weiter geht aus dem Statusbericht hervor, Microsoft habe dem TC eine aktualisierte Fassung der vorläufigen Version von Windows 7 zur Prüfung überlassen. Im März war bereits bekannt geworden, dass sich die Kartellwächter den Windows-Vista-Nachfolger vorknöpfen. Das Komitee überprüfe die Middleware, um sicherzustellen, dass in Vista korrigierte Fehler nicht in Windows 7 wieder auftauchen, heißt es nun in dem Statusbericht. (anw)