Hannover Messe: Festo baut ein Känguru

Auf dem Stand des schwäbischen Automatisierungsspezialisten schlägt außerdem ein Windgenerator mit den Flügeln und Ballons fliegen Ballett – es geht um adaptive und selbst organisierende Systeme und Energie-Rückgewinnung.

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Von
  • Peter König

Für viele gehört alljährlich der Besuch am Stand von Festo zu den Höhepunkten der Hannover Messe. Auch wenn die Bundeskanzlerin dieses Jahr einmal nicht auf ihrer Runde am ersten Messetag beim Esslinger Automatisierungsspezialisten vorbeischaute, ist trotzdem kaum ein Durchkommen auf Stand D07 in Halle 15 – zumindest zu jeder vollen Stunde, wenn die vier Exponate der Festo-Initiative Bionic Learning Network vorgeführt werden.

Festo auf der Hannover Messe 2014 (5 Bilder)

BionicKangaroo

Das binonische Känguru reagiert auf Gesten. Dabei werden die Bewegungen der Armmuskeln von einem speziellen Armband registriert und per Bluetooth übertragen. (Bild: Festo)

Diesem Netzwerk gehören neben Festo selbst diverse Hochschulen, Forschungsinstitute und weitere Unternehmen an. Gemeinsam wollen sie von der Natur lernen und nach biologischem Vorbild neue technische Prinzipien entwickeln. Für Besucher der Hannover Messe heißt das: Jedes Jahr gibt es bei Festo ein neues künstliches Tier in Aktion zu sehen. Waren in den vergangenen Jahren bereits fliegende Quallen und Rochen die Stars der Halle, ist es diesmal ein Känguru: Es ist rund einen Meter groß, wiegt knapp sieben Kilogramm und reagiert auf Gesten, indem die Muskelaktivitäten des Dompteurs durch ein spezielles Armband erfasst und über Bluetooth übertragen werden.

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Der pneumatisch-elektrische Hybridantrieb (natürlich aus Komponenten von Festo) lässt das Känguru bis zu 40 Zentimeter hoch und 80 Zentimeter weit springen, wobei deutlich hörbar Druckluft am Werk ist. Der Clou: Ebenso wie das biologische Vorbild beim Abfedern des Sprungs in seiner elastischen Achillessehne Energie für den nächsten Sprung sammelt, so gewinnt auch das BionicKangaroo von Festo über ein Gummi-Federelement Bewegungsenergie zurück. Das künstliche Tier ist gleichzeitig eine Studie im Leichtbau – die filigranen Gitter-Gliedmaßen stammen aus einem 3D-Drucker und sind zur Verstärkung mit Kohlefasern beklebt.

Weitere bionische Exponate von Festo führen die Forschungen mit den Tierstudien vergangener Jahre weiter: So standen die Flügel der ferngesteuerten Libelle aus dem Vorjahr Pate bei den Propellern der sogenannten eMotionSpheres. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von acht Ballons, die im Formationsflug durch die Halle patrouilliert, wobei sich jede einzelne Kugel durch jeweils acht Motoren und Propeller laut Festo mit einer Genauigkeit von einem Zentimeter im Luftraum platzieren lässt. Die Kugeln können einen vorgegebenen Kurs abfliegen, lassen sich aber auch einzeln manuell steuern, vermeiden dabei dennoch Kollisionen. Zur Navigation dient ein System aus zehn auf dem Messestand montierten Kameras, die Signale von Infrarot-LED an Bord der Ballons empfangen, die als aktive Marker dienen. Geht die Ladung des Akkus zur Neige, steuern die Spheres automatisch ihre Ladestation an.

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Aus dem SmartBird, der künstlichen Möwe des Jahres 2011, ist der DualWingGenerator hervorgegangen, ein Klein-Windkraftwerk, das Energie durch zwei Flügel statt durch einen Rotor gewinnt. Dabei wird das Prinzip des Vogelflügelschlags umgekehrt. Zwei gegenläufige Flügelpaare sind so auf einer Mittelsäule montiert, dass sie sich wechselnd voneinander weg und aufeinander zu bewegen. Servomotoren stellen die Flügel jeweils so ein, dass sie optimal angeströmt werden. Die eingebaute Steuerungs- und Regelungstechnik sorgt dafür, dass sich der Windgenerator stets zur Windrichtung und Windstärke optimal ausrichtet und Parameter wie Schlagfrequenz und -amplitude, aber auch die Stellgeschwindigkeit bei der Flügeldrehung selbstständig anpasst.

Der sogeannte MultiChoiceGripper ist ein Nachfolger des bionischen Greifarms nach Vorbild des Elefantenrüssels, der im Jahr 2010 Festo und seinem Kooperationspartner, dem Stuttgarter Fraunhofer Institut für Produktionstechnik, den Deutschen Zukunftspreis einbrachte. Der neue Greifer kann allerdings wahlweise zentrisch oder parallel zupacken – im ersten Fall nehmen die drei flexiblen Finger das Objekt dergestalt in ihren patentierten formschlüssigen Griff, dass je zwei Finger einen Winkel von 120 Grad bilden. Im parallelen Modus hingegen übernimmt einer der Finger die Funktion des Daumens als Gegengriff. [Update 9.4.2014, 20:27:] Vom MultiChoiceGripper und den eMotionSpheres gibt es jetzt auch ein Video:

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Von den Entwicklungen des Bionic Learning Network erhofft sich der schwäbische Pneumatik- und Elektronik-Spezialist "Impulse für die Automatisierungstechnik von morgen", denn mit dieser macht er sein eigentliches Geschäft. So machen die bionischen Highlights nur einen kleinen Teil dessen aus, was es am Stand von Festo zu sehen gibt – aber sicher den, der den meisten Besuchern im Gedächtnis bleiben wird.

Mehr Aktuelles von der Hannover Messe und zur Fabrik der Zukunft finden Sie in einem Special von Technology Review. (pek)