NSA-Affäre: Europarat hört Whistleblower Snowden an

Edward Snowden war bei einer Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats live zugeschaltet. Er erklärte den Abgeordneten unter anderem, was bei der Aufarbeitung bislang vernachlässigt wurde.

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Von
  • Monika Ermert

Technische Maßnahmen wie Verschlüsselung können vor Überwachung schützen, wenn Politik und Recht versagen. Das sagte Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden am Dienstag während einer Anhörung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg. Auf Nachfrage bestätigte der Whistleblower erneut die enge Zusammenarbeit zwischen deutschem Geheimdienst BND und der NSA. Snowden verwies zudem auf seine schwierige rechtliche Situation.

Edward Snowden war per Google Hangout zugeschaltet

(Bild: Europarat)

Der Austausch zwischen NSA und den deutschen Diensten sei "normal und eng", erklärte Snowden auf eine Frage des CDU-Abgeordneten Johann Wadephul. Deutsche Bürger sowie Internetseiten seien täglich Ziel der Ausspähung durch die NSA-Experten. Während Snowden die Zusammenarbeit zwischen den Diensten vorsichtig als "möglicherweise vorteilhaft" bezeichnete, kritisierte er, dass die Kooperation ohne Kontrolle durch deutsche Aufsichtsgremien geschehe. Der Untersuchungsausschuss könne dazu mehr Aufklärung bringen, hofft Snowden.

Die deutschen Dienste gehören nach Angaben des Whistleblowers neben den Niederlanden und Schweden zu den Hauptzielen von speziellen NSA-Kampagnen. Dabei würde die kreative Auslegung alter Gesetze zum Zwecke der umfassenden Ausspähung aller Bürger beworben. Snowden rekapitulierte in der Anhörung, dass die US-Regierung mittlerweile anerkannt habe, dass ihre massenhafte Überwachung ineffektiv sei, es an rechtlichen Grundlagen fehle und gleichzeitig ein gefährliches Vorbild für andere Staaten biete.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Snowden unterstrich vor allem, die bisherige journalistische Aufarbeitung der Dokumente mache nicht ausreichend klar, wie stark das "Fingerprinting" zur umfassenden und erleichterten Identifizierung und Ausspähung von Gruppen oder Individuen genutzt werde. Jeder Datenverkehrstrom könne, ganz unabhängig von den Protokollen, auf den jeweiligen Fingerabdruck überprüft und in Bezug auf Metadaten und Inhalte untersucht werden, erläuterte Snowden.

Der ebenfalls anwesende Ex-BND-Chef Hansjörg Geiger bezeichnete massenhafte Überwachung als unvereinbar mit dem Schutz der Menschenrechte. Ein Vierteljahrhundert nach dem Ende des Kalten Krieges sei es an der Zeit, das Verhältnis der Dienste innerhalb der EU, aber auch in der NATO auf neue Füße zu stellen. Er forderte ein Verbot von Wirtschaftsspionage, einen nationalen Vorbehalt für die Aktivitäten eines fremden Nachrichtendienstes im eigenen Land, sowie den Verzicht auf das Auswerten der Datenströme aus und in befreundeten Staaten.

Snowden hält ein internationales Verbot von anlassloser Überwachung für ein wichtiges Ziel, brachte aber gleichzeitig seine Sorge zum Ausdruck, dass selbst in einer perfekten Welt der beste Schutz die Verschlüsselung aller Kommunikation sei. Regierungen sollten daher Sicherheit als Grundeinstellung per Gesetz vorsehen. Gezielte Ermittlungen gegen echte Ziele seien dadurch nach wie vor möglich, versicherte er.

Auch Geiger räumte ein, dass Gesetzgeber und Exekutive für die Durchsetzung des vorgeschlagenen Geheimdienste-Kodex Unterstützung brauchten. Auf Whistleblower, die Verstöße öffentlich machten, könne man dabei nicht verzichten, versicherte er. Die Parlamentarische Versammlung im Europarat will Snowden genau zu diesem Thema erneut anhören. (mho)