Mess-Pflaster biegt und dehnt sich mit der Haut

US-Forscher haben ein extrem biegsames Kunststoffteil entwickelt, das direkt auf der Haut klebt und Gesundheitsdaten nicht nur messen, sondern auch drahtlos weitergeben.

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Von
  • Dörte Saße

Der Brustgurt beim Joggen und klobige Messgeräte am Krankenbett sind Vergangenheit, wenn sich ein elektronisch bestücktes Pflaster aus den USA durchsetzt: Das extrem biegsame Kunststoffteil – von der Größe und Dicke einer Münze – klebt direkt auf der Haut und kann Gesundheitsdaten nicht nur messen, sondern auch drahtlos weitergeben. Zwar hatte das Forscherteam vor zwei Jahren bereits eine deutlich dünnere Variante entwickelt, flach wie ein Klebe-Tattoo. Doch dessen Herstellung war aufwändig und teuer. Das neue Pflaster hingegen enthält handelsübliche Mikroelektronik und soll deshalb günstig und in großer Stückzahl zu produzieren sein.

Das Pflaster biegt und streckt sich und stört nicht bei Bewegungen, berichtet das Team im Fachblatt Science. Das gelingt, weil die elektronischen Komponenten quasi schwimmend gelagert sind, zwischen geschickt gefalteten Verbindungsdrähten. Im Test lieferten die Prototypen Daten guter Qualität, vergleichbar mit jenen herkömmlicher EEG- und EKG-Systeme.

Mess-Pflaster biegt und dehnt sich mit der Haut (5 Bilder)

Ob die Haut unter dem Pflaster gedehnt wird oder zusammengedrückt - seine Funktion wird dadurch nicht gestört.

"Das Pflaster ist weich wie menschliche Haut und kann sich mit dem Körper bewegen, hat aber gleichzeitig viele verschiedene Beobachtungsfunktionen", erklärt John A. Rogers von der University of Illinois at Urbana-Champaign, "besonders wichtig ist aber, dass es drahtlos aufgeladen wird und Daten des Körpers in hoher Qualität an einen Computer senden kann – in Echtzeit." So könnte der Sportler etwa seine Herzfrequenz an seinem Mobiltelefon ablesen. Teilnehmer von Schlafstudien oder Langzeit-Belastungstests wären nicht länger durch Kabel gestört. Und Ärzte könnten EEG- und EKG-Untersuchungen einfacher und effizienter durchführen, sagen die Forscher: selbst an Patienten mit dünner und empfindlicher Haut, etwa bei Neugeborenen und Hochbetagten.

Die Forscher hatten nach der besten Methode gesucht, handelsübliche SMD-Elektronikbauteile einzubinden. Es gelang gemeinsam mit Kollegen um Yonggang Huang von der Northwestern University sowie an Universitäten in China und Korea: Sie kombinierten die Elektronik-Komponenten in einem sogenannten mikrofluidischen System mit Origami-Faltung und dehnbarem Kunststoff, berichtet Rogers: "Das ermöglicht schnellere Entwicklung, niedrigere Kosten und mehr Möglichkeiten bei der Art der Messvorrichtung."

Das Herzstück des Pflasters ist ein flacher, elastischer Umschlag, gefüllt mit viskoser Flüssigkeit. Die Chip-Komponenten haften darin auf winzigen Kunststoff-Säulen, flexibel mit der Basis verbunden. Filter- und Verstärkereinheit sowie Module für induktives Laden und drahtlose Datenübertragung sind mit Kontaktflächen zur Haut kombiniert. Die verbindenden Drähte sind in Origami-Technik so in Zickzack gelegt, dass sie erst bei maximaler Dehnung des Pflasters eine gerade Linie bilden.

Weil die Pflaster direkter auf der Haut sitzen als Messgeräte im Brustgurt oder am Handgelenk, liefern sie auch bessere Daten, erklären die Forscher. Dabei sieht Huang auch Potenzial, Krankheiten zu erkennen, bevor die Symptome deutlich sichtbar sind: Bei Parkinson-gefährdeten Patienten etwa könnte ein Dauerpflaster auf gestörte Bewegungsmuster hinweisen. Andere Patienten, vor allem auch Kinder, könnten dank des klebenden Messgeräts zu Hause gepflegt werden, um in vertrauter Umgebung die Heilung zu fördern. (anw)