Wikipedia-Sperre: Linke distanziert sich von Heilmann

"Wir kämpfen seit Jahren gegen immer wieder mal geäußerte Bestrebungen, das Internet zu zensieren", sagte Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau nach der von einem Bundestagsabgeordneten ihrer Partei erwirkten Sperre für wikipedia.de.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 412 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Die Sperre der Webseite wikipedia.de durch den Bundestagsabgeordneten Lutz Heilmann hat für enormes Aufsehen gesorgt. Die Partei Die Linke distanziert sich nun deutlich vom Vorgehen des Abgeordneten. Unterdessen sind die Anwälte Heilmanns bemüht, die einstweilige Verfügung schnellstmöglich aufheben zu lassen.

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau ist bemüht, den Schaden von der Partei abzuwenden. "Wir kämpfen seit Jahren gegen immer wieder mal geäußerte Bestrebungen, das Internet zu zensieren, egal aus welcher Ecke sie auch kommen", erklärt die Politikerin auf der Webseite ihrer Partei. Weiter heißt es: "Was die Partei oder die Fraktion Die Linke betrifft, ist ein solcher Vorwurf auf jeden Fall falsch. Wenn Einzelne das anders sehen, dann ist das ihr Problem. Auf Die Linke können sie sich dabei aber nicht berufen, im Gegenteil." Pau vermeidet es aber konkret zu werden, den Namen ihres Fraktionskollegen Heilmann erwähnt sie nicht.

Nutzer, die sich bei der Fraktion über die Sperre beschwert hatten, erhielten eine E-Mail, mit der Presseerklärung Heilmanns, in der er ankündigt, keine weitere Schritte gegen Wikipedia unternehmen zu wollen. "Lassen Sie uns zunächst darauf hinweisen, das Lutz Heilmann seine Entscheidung mit der Fraktion nicht abgesprochen und nicht abgestimmt hatte", heißt es in einer E-Mail, die heise online vorliegt.

Deutlicher wird Heiko Hilker, medienpolitischer Sprecher der sächsischen Landtagsfraktion der Linken: "Falls die juristische Aktion von Lutz Heilmann gegen Wikimedia Deutschland keine PR-Aktion war, offenbart dies, dass ihm das technische Verständnis für das Internet fehlt, er juristisch oberflächlich arbeitet sowie als Politiker unfähig ist, die geeigneten Mittel einzusetzen." Statt juristische Mittel hätte Heilmann auf Gespräche setzen sollen. "Eine gerechte Gesellschaft wird man nicht über einstweilige Verfügungen und Verbote gegen die virtuelle Welt erstreiten", erklärt Hilker gegenüber heise online.

Mark Seibert, Mitglied im Bundesausschuss der Partei, geht mit Heilmann ebenfalls hart ins Gericht: "Solche Reaktionen wie die Heilmanns kann ich mir nicht anders erklären, dass man sich selbst ideologisch eingemauert hat und nun überall Feinde sieht, gegen die man in den Krieg ziehen muss. Und im Krieg sind ja schließlich alle Mittel erlaubt", schreibt Seibert in seinem Weblog. Er sieht das "partizipative Internet" als Gegengewicht zur "bürgerlichen Presse" und will an einem Dialog mit der Wikipedia arbeiten.

Ein solches Dialogangebot hatte auch Heilmann gemacht. Bei Wikimedia Deutschland stößt das allerdings auf wenig Begeisterung. Sebastian Moleski, Geschäftsführer des Vereins, schreibt dazu "Ich werde das Angebot nicht weiter kommentieren. Selbst wenn es ehrlich gemeint ist, so müsste es sich doch eher an die Benutzerinnen und Benutzer der Wikipedia richten. Schließlich sind sie es, die mit ihren Beiträgen jeden Tag das Wissen der Menschheit sammeln und damit die Wikipedia gestalten."

Es ist nicht das erste Mal, dass die Partei mit der Wikipedia aneinandergerät. Vor einem Jahr hatte die damalige stellvertretende Bundesvorsitzende Katina Schubert eine Strafanzeige wegen Verbreitens von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen gestellt. Nach großem Protest zog sie ihre Anzeige allerdings zurück.

Siehe dazu auch:

(Torsten Kleinz) / (anw)