Sachsen-Anhalts Justizministerin warnt vor mehr Netzsperren

Die SPD-Politikerin Angela Kolb sieht die Gefahr, dass die geplanten Zugangshürden fürs Web nicht auf kinderpornographische Angebote beschränkt bleiben, will aber kein "Alibi-Gesetz" machen.

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Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb (SPD) fürchtet, dass die von der Bundesregierung geplanten Zugangshürden fürs Web nicht auf kinderpornographische Angebote beschränkt bleiben. Sie sehe "Gefahren der Ausweitung", sagte die SPD-Politiker am heutigen Montag auf dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig und schloss sich damit Bedenken aus den Reihen der Oppositionsparteien und anderer Gegner von Websperren an. Die Politik neige generell dazu, "Probleme mit Verboten zu lösen". Daher könne der Druck wachsen, auch andere Inhalte auf die Filterliste zu setzen.

Für umso wichtiger hält Kolb die am Mittwoch im Bundestag beratene gesetzliche Grundlage für die von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorangetriebene Zugangserschwernis für Kinderporno-Seiten. Der Gesetzgeber müsse auf diesem Weg "Eingriffe in die Grundrechte" klar mit dem Nutzen der Maßnahme abwägen. Zudem könne die Regelung dann vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden. Persönlich plädierte die Justizministerin dafür, "Access Blocking auf diesen einen Bereich schwerer Kriminalität zu begrenzen".

Noch nicht vorstellen kann sie sich in diesem Zusammenhang, wie die von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ins Feld geführte "Echtzeit-Überwachung" von Nutzern der anvisierten Stopp-Seite rechtsstaatlich erfolgen soll. Falls es ihrer Parteikollegin wirklich darum gehe, bei jedem Versuch ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, wäre das wohl viel Arbeit für die Justiz. Die Lösung des Problems des Kindesmissbrauchs würde damit nicht vorankommen. Generell befürworte sie die Bundesinitiative, um Gelegenheitsnutzern kinderpornographischen Materials "den Einstieg in die Szene" zu erschweren. "Hardcore-Nutzer" könnten dagegen nicht von den Blockaden abgehalten werden.

Für Lutz Donnerhacke vom Jenaer Provider IKS geht eine Debatte über Umgehungsmöglichkeiten aber auch angesichts der Möglichkeiten, eine Webdomain in Minutenfrist zu wechseln, am Thema vorbei. Technisch sei auch eine tatsächlich greifende Sperre zu realisieren, wobei allerdings die bestehende Internetstruktur geändert werde. Die Politik habe der Internetwirtschaft aber bislang keine nachvollziehbaren Fakten vorgelegt, die derart drastische Einschnitte in die Kommunikationslandschaft rechtfertigen würden. Die vielfach ins Feld geführte Steigerung der Abrufe kinderpornographischen Materials und dessen Verbreitung sei "aus der Luft gegriffen". Einen "kommerziellen Massenmarkt" in diesem Bereich gebe es nicht. (Stefan Krempl) / (vbr)