Baden-Württemberg will elektronischen Hausarrest einführen

Im Rahmen eines vierjährigen Modellversuchs soll getestet werden, ob man bestimmten Personen künftig einen Gefängnisaufenthalt erspart und sie stattdessen über eine elektronische Fußfessel in der eigenen Wohnung überwacht.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Lieber hier sitzen oder mit elektronischer Fußfessel zuhause?: Gebäude der JVA Stuttgart-Stammheim

Baden-Württemberg plant als erstes Bundesland eine gesetzliche Regelung zur Einführung von Hausarrest unter elektronischer Aufsicht. Einen entsprechenden Gesetzentwurf von Justizminister Ulrich Goll (FDP) hat der Ministerrat am heutigen Dienstag zur Anhörung freigegeben. Danach soll im Rahmen eines vierjährigen Modellversuchs getestet werden, ob man bestimmten Personen künftig einen Gefängnisaufenthalt erspart und sie stattdessen über eine elektronische Fußfessel in der eigenen Wohnung überwacht.

"Die elektronische Überwachung im Strafvollzug hat den Vorteil, dass wir damit Menschen vor dem Gefängnis bewahren können, die dort eigentlich gar nichts verloren haben", erklärte der Minister. In Frage kämen etwa Personen, denen wegen Nichtzahlung von Geldstrafen Vollzug im Knast droht. "Wenn sie die Geldstrafe nicht bezahlen können, wird ersatzweise die Freiheitsstrafe angeordnet. Das kann zum Verlust der Arbeitsstelle oder der Wohnung und damit in einen Teufelskreis führen, aus dem mitunter nur schwer wieder hinauszufinden ist", sagte Goll.

Auch Gefangene, die auf ihre Entlassung vorbereitet werden, könnten den Plänen zufolge künftig unter elektronische Aufsicht gestellt werden, wenn sie zustimmen und weder Flucht- noch Missbrauchsgefahr besteht. Die Gesamtkosten für den vierjährigen Modellversuch sollen rund 85.000 Euro betragen, wobei sich die Überwachten "in der Regel mit 20 Euro pro Tag" beteiligen müssten. Ein Tag in Haft schlage mit 85 Euro pro Gefangenem zu Buche, verdeutlichte Goll.

Voraussetzung für die Teilnahme am elektronischen Hausarrest sei zudem, dass der Gefangene über eine eigene Wohnung mit angeschlossenem Telefon sowie über eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle oder vergleichbare Tagesstruktur verfüge und dass auch die mit ihm in der Wohnung lebenden Erwachsenen mit der elektronischen Aufsicht einverstanden seien. Zu Beginn der Aufsicht soll ein Vollzugsprogramm und der vorgesehene Tages- oder Wochenablauf festgelegt werden.

Verstößt der Teilnehmer gegen die Hausarrest-Anordnungen, soll es Konsequenzen geben, die von einer einfachen Verwarnung über die Streichung von Freizeit außerhalb der Wohnung bis hin zur Verlängerung der Maßnahme oder dem Abbruch und die Rückführung in die Vollzugsanstalt reichen. Über die technische Umsetzung ist öffentlich bislang nichts bekannt. In der Regel enthalten elektronische Fußfesseln aber Sender, die der zuständigen Behörde per Mobilfunk den ungefähren Standort des Trägers verraten. Teilweise werden auch GPS-gestützte Systeme verwendet. (pmz)