OLG München bestätigt Link-Verbot gegen Heise

Das Gericht bewertet das Setzen eines Links auf die Webpräsenz der Firma Slysoft im Rahmen der Berichterstattung über Kopierschutzsoftware jetzt sogar als "vorsätzliche Unterstützung der Rechtsverletzung".

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Von
  • Joerg Heidrich

Nach dem Landgericht hat nun auch das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 23. Oktober 2008 seine zunächst im Eilverfahren ergangene Entscheidung im Streit des Heise Zeitschriften Verlags gegen verschiedene Unternehmen der Musikindustrie bestätigt ( Az. 29 U 5697/07, PDF-Datei). Danach bleibt es dem Verlag verboten, im Rahmen der redaktionellen Berichterstattung über Kopierschutzsoftware einen Link auf die Webpräsenz des Unternehmens Slysoft zu setzen.

Neu ist allerdings die Begründung des Oberlandesgerichts. Während in den bisherigen Entscheidungen stets von einer Mitstörerhaftung des Verlags ausgegangen worden war, sehen die Richter des OLG Heise nunmehr sogar als Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung in Form der Beihilfe an. Als Teilnehmer haftet derjenige, der vorsätzlich den Rechtsverstoß eines anderen fördert.

So verstoße der Internetauftritt von Slysoft gegen § 95a Abs. 3 des Urheberrechtsgesetzes, der die Umgehung technisch wirksamer Kopierschutzmaßnahmen verbietet. Diesen Verstoß habe der Verlag durch das Setzen eines Links im Rahmen der redaktionellen Berichterstattung gefördert, da er dadurch den Lesern des Artikels "den Zugang zu dem rechtswidrigen Internetauftritt von Slysoft erleichtert" habe.

Bei dem Setzen des Links auf die rechtswidrigen Inhalte habe der Verlag vorsätzlich gehandelt und sei sich der Rechtswidrigkeit der von ihm geförderten Handlung bewusst gewesen. Dieses ergebe sich bereits aus dem Hinweis in dem streitgegenständlichen Artikel, dass Produkte von Slysoft inzwischen in Deutschland verboten seien.

Diese Unterstützung der rechtswidrigen Handlung sei auch nicht durch das Grundrecht der Pressefreiheit aus Artikel 5 des Grundgesetzes gerechtfertigt. Dieses Recht sei mit den Eigentumspositionen der Unternehmen der Musikindustrie abzuwägen und müsse gegenüber deren Interesse zurücktreten. Bei dem Setzen eines Links ginge es nicht "um die Mitteilung von Meinungen oder Tatsachen zur Meinungsbildung", die in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit oder den Kernbereich der Pressefreiheit fielen. Vielmehr ginge es um die "weniger zentrale Frage, welchen Service ein Medienunternehmen über die Informationsbeschaffung hinaus erbringen darf". Der Link diene insoweit "lediglich der Ergänzung der redaktionellen Berichterstattung". Dem stehe die "Gefahr der massenhaften Anfertigung von Raubkopien" entgegen und somit eine Verletzung von Rechten der Musikindustrie gegenüber.

Ausschlaggebend für die Entscheidung sei die Tatsache, dass der Verlag "in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Slysoft-Angebots und damit vorsätzlich gehandelt hat". Zudem sei die Verletzung urheberrechtlicher Schutzrechte durch den Verlag gewerbsmäßig und in erheblichem Umfang erfolgt. Aus diesen Gründen rechtfertige weder die Pressefreiheit noch die besondere Bedeutung der Linksetzung für den Online-Journalismus die durch Heise erfolgte "vorsätzliche Unterstützung der Rechtsverletzung".

Die Beurteilung der Linksetzung als vorsätzliche Beihilfe statt wie bisher nur im Rahmen der Mitstörerhaftung hätte unter anderem zur Konsequenz, dass sich daraus auch eine strafrechtliche Verantwortung von Verlagsmitarbeitern für den Link ergeben könnte. So stellt § 108b UrhG "unerlaubte Eingriffe in technische Schutzmaßnahmen" unter Freiheitsstrafe. Im Falle eines "gewerbsmäßigen Handelns" beträgt der Strafrahmen bis zu drei Jahren.

Die Entscheidung des OLG München ist nicht rechtskräftig. Da die Sache grundsätzliche Bedeutung habe und zudem vom Bundesgerichtshof bislang noch nicht geklärte Fragen der Verantwortlichkeit der Presse aufwerfe, hat das Gericht die Revision zugelassen. Der Heise Zeitschriften Verlag wird diese Gelegenheit nutzen und die Rechtsstreitigkeit dem BGH zur Entscheidung vorlegen.

Der Mitherausgeber und Chefredakteur von heise online, Christian Persson, will sich aufgrund der Begründung des OLG München selbst anzeigen: "Es ist ein absurder Vorgang, aber die Frage muss nun geklärt werden: Kann sich ein Journalist in Deutschland wirklich dadurch strafbar machen, dass er seinen Lesern den Zugang zu Originalinformationsquellen und damit die eigene Meinungsbildung erleichtert?"

Siehe auch Dokumentation: Heise versus Musikindustrie.

(Joerg Heidrich)/ (cp)