IETF will Routing bei P2P-Datenverkehr verbessern
Mehrere Entwicklergruppen legten Vorschläge vor, wie ein möglichst naher P2P-Host gefunden werden kann. Dabei geht es darum, unnötige "Umwege" des Peer-to-Peer-Datenverkehrs über Netzgrenzen zu vermeiden.
Eine Arbeitsgruppe der Internet Engineering Task Force (IETF) widmet sich seit Kurzem der Verbesserung des Routings bei Peer-to-Peer-Datenverkehr (P2P). Nun legten beim ersten offiziellen Treffen der ALTO-Arbeitsgruppe (Application-Layer Traffic Optimization) in Minneapolis in der vergangenen Woche mehrere Entwicklergruppen Vorschläge vor, wie ein möglichst naher P2P-Host gefunden werden kann. Internet Service Provider (ISP) und Carrier wollen unnötige und auch kostspielige "Umwege" des P2P-Datenverkehrs über Netzgrenzen vermeiden. Für die Provider soll damit Geld, für die Nutzer Downloadzeit gespart werden.
"Die wesentlichen Unterschiede der Vorschläge bestehen darin, wo die Routing-Informationen vorgehalten werden sollen," erläuterte Anja Feldmann, Professorin des T-Lab an der TU Berlin, am Rande des Treffens. Feldmann hat zusammen mit ihrer Gruppe einen Entwurf ausgearbeitet, der das Vorhalten von Informationen zur P2P-Topologie beim ISP empfiehlt. "Jeder ISP würde einen "Orakel- beziehungsweise Altoserver betreiben", erläutert Feldmann. Über diese "Orakel"-Server sollen naheliegende P2P-Host abgefragt werden können. Ein Vorteil der Bereitstellung der Server von den Providern sei, dass die Server auch ein mögliches Trafficmanagement der Provider unterstützen. Vor einer Weitergabe von Informationen über ihre Netzwerktopologien an Dritte dürfte viele Provider allerdings zurückschrecken, glaubt Feldmann.
Eine Gruppe um den US-Provider Comcast schlägt demgegenüber vor, die Peering-Informationen an Applikationsprovider weiterzugeben. In einem gemeinsamen Entwurf von Comcast und BitTorrent erläutern die alten Rivalen auch, wie die Informationen vom Provider an den Applikationsbetreiber exportiert werden sollen. Feldmann sagte, der Vorstoß vom Comcast – in Richtung mehr Information beim Host – drücke letztlich auch die Bemühung aus, die frühere Blockadepolitik gegen P2P-Traffic wettzumachen.
Im Sinne einer "kooperativen" Strategie empfiehlt ein Vorschlag aus dem Haus Qualcomm, Informationen fĂĽrs optimierte P2P-Routing bei Netzprovidern wie Applikationsprovidern abzufragen. Einseitige Routingempfehlungen, also ausschlieĂźlich netztopologische, die dem ISP nutzen, oder nur applikationsbezogene, die die Netztopologie auĂźer Acht lassen, seien jeweils fĂĽr eine Seite unattraktiv.
Die möglichen Einsparpotenziale machen einen künftigen ALTO-Standard für die Provider attraktiv. Rich Woundy von Comcast präsentierte in Minneapolis Ergebnisse (PDF-Datei) aus einem Testlauf zwischen dem 2. und 17. Juli. In dieser Zeit verbreitete Pando Networks eine 21 MByte große Datei an seine Nutzer, dessen Verbreitung über vier verschiedene Netze wurde anschließend gemessen. Der erste Test für ein Kabelnetz überhaupt ergab eine Reduzierung des bei Comcast ankommenden Interdomain-Datenverkehrs um 34 Prozent des ausgehenden Verkehrs um 80 Prozent. Der Test habe allerdings auch eine Reihe von Einschränkungen gezeigt, sagte Woundy. Das Problem einer zu schwachbrüstigen letzten Meile kann das "P4P" genannte Modell nicht lösen. Überdies sei das P4P-Modell für den nicht gemanagten Content-Datenverkehr nicht einsetzbar, der mache aber das Gros des Verkehrs aus. (Monika Ermert) / (anw)