Deutschlands erste Informatik-Professorin geht (nicht) in den Ruhestand

Nach 30 Jahren als Professorin für Software Engineering und einem noch längeren Informatik-Berufsleben hält Christiane Floyd am 1. Dezember in Hamburg ein Abschiedskolloquium. Künftig widmet sich die gebürtige Wienerin der IT-Ausbildung in Äthiopien.

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Von
  • Detlef Borchers

Christiane Floyd, die erste Informatik-Professorin Deutschlands, geht in den Ruhestand. Grund genug für die Universität Hamburg, am 1. Dezember ein Abschiedskolloquium durchzuführen. Es steht unter dem ungewöhnlich klingenden Titel "Universität leben in der Informatik". Damit möchte Christiane Floyd auf die Verschränkung der Informatik mit der Universität und dem Leben aufmerksam machen, "wie die Entwicklung und Einführung informationstechnischer Systeme mit der menschlichen Lebenswelt wechselwirkt."

Die 1943 in Wien geborene Christiane Floyd promovierte in Mathematik. 1966 wurde sie von Siemens angestellt und schrieb den ALGOL-60 Compiler für die Siemens 4004. Im Jahre 1968 wechselte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an die Universität Stanford zum KI-Projekt Dendral von Edward Feigenbaum. In den USA wurde sie von den Lebensformen der dortigen 68er-Bewegung beeinflusst und war erst mit Robert Floyd, dann mit Peter Naur verheiratet. Nach verschiedenen Lehraufträgen in Stanford bildete sie von 1973 bis 1977 bei der Münchner Softlab Programmierer in strukturierter Programmierung aus. 1978 erhielt sie einen Ruf an die TU Berlin, wo sie als erste Informatik-Professorin lehrte und die Leitung der Gruppe Softwaretechnik übernahm. Bekannt wurde sie mit STEPS, der "Softwaretechnik für evolutionäre, partizipative Systementwicklung". 1991 wechselte sie an die Universität Hamburg.

Nach 42 Jahren in der Informatik, davon 30 als Professorin, möchte Christiane Floyd sich "neuen Herausforderungen" widmen, wie es im Floskeldeutsch heißt. Sehr wichtig ist ihr das Engagement in Äthiopien, wo sie seit der Internationalen Frauenuniversität zur Expo 2000 hilft, das Informatikstudium aufzubauen. "Ich bin zur Zeit sehr engagiert in Addis Abeba und habe auch sonst Lust zu reisen. In dieser Situation ist es für mich in Ordnung, dass der Großteil meiner Besitztümer eingelagert ist. So fühle ich mich leicht und schwebend. 'You should follow your heart' wurde mir kürzlich in Äthiopien geraten, und so will ich es auch halten." (Detlef Borchers) / (pmz)