Auf der Suche nach Wasser auf den Jupitermonden
Mit einem neuartigen Bodenradar wollen Raumforscher auf Europa, Ganymed und Kallisto nach versteckten Ozeanen fahnden.
- TR Online
Mit einem neuartigen Bodenradar wollen Raumforscher auf Europa, Ganymed und Kallisto nach versteckten Ozeanen fahnden.
Zu den interessantesten Forschungszielen in unserem Sonnensystem zählen die eisigen Monde des Jupiter. Zwar beträgt die Oberflächentemperatur von Europa, Ganymed und Kallisto 160 Grad minus. Doch unter den dicken Eisschichten könnten sich ganze Ozeane verbergen. Das wiederum würde bedeuten, dass hier die notwendigen Zutaten für das Entstehen von Leben vorhanden sind.
Entsprechend spannend wäre es, Sonden auf die Monde zu schicken, um Proben zu nehmen. Bevor das möglich ist, müssen die verborgen liegenden Meere aber erst genau erfasst und kartographiert werden, um ihre Größe und Zusammensetzung zu ermitteln.
Andrew Romero-Wolf und seine Kollegen am Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena haben dazu nun ein neues Verfahren entwickelt: ein hocheffizientes Bodenradar.
Interessant an dem Ansatz ist vor allem die Tatsache, dass er sehr robust und vergleichsweise günstig ist. Die notwendige Strahlung kommt vom Jupiter selbst, der zu den signalstärksten "Sendern" unseres Sonnensystems gehört.
Bei Bodenradarsystemen werden Signale in Richtung Erde gesendet und dann die auftretenden Reflexionen untersucht. So können unter anderem die Grenzbereiche zwischen verschiedenen Schichten ermittelt werden – und das, was potenziell vergraben liegt. Ein Bodenradar, das empfindlich genug ist, könnte auch Trennlinien zwischen Eis und Wasser und Wasser und Gestein erfassen.
Solche Systeme wurden bereits zur Erfassung anderer Planeten verwendet, etwa in der Mars-Express-Sonde der ESA oder dem Mars Reconnaissance Orbiter des JPL. Je stärker das Radarsignal ist, desto mehr Informationen lassen sich gewinnen. Und genau hier liegt ein Problem. Ausreichend leistungsfähige Energiequellen sind bei langen Weltraummissionen ein Problem. Da der Jupiter vergleichsweise weit von der Sonne entfernt ist, lässt sich auch nur relativ wenig Solarenergie gewinnen.
Romero-Wolf und sein Team setzen deshalb auf den Jupiter selbst als Strahlenquelle. Dessen Wellenlänge passt auch gut: Sie entspricht auf den Dekameter genau dem, was man für Bodenradarsysteme benötigen würde. Zudem sind die Signale bis zu 3000 Mal stärker als die Hintergrundstrahlung.
Praktisch heißt das: Die JPL-Forscher wollen eine Sonde zwischen Jupiter und dem zu untersuchenden Mond platzieren – Europa beispielsweise. Die Sonde lauscht dann auf die Signale des Planeten, während sie über dem Mond schwebt. Anschließend werden die Reflexionen erfasst, um dessen innere Struktur zu erfassen.
Planetengeologen können dann auf der Erde aus diesen Informationen ein detailliertes Bild des Aufbaus eines der Jupitermonde und seiner Ozeane erstellen, die er möglicherweise verbirgt. "Ein Instrument zwischen Jupiter und einem der Monde könnte die Emissionen zusammen mit den von den Eisschichten auf dem Zielmond generierten Reflexionen erfassen", schreiben die Forscher.
Der große Vorteil der Idee ist, dass sie total passiv arbeitet. Die Sonde muss keinerlei Strahlen erzeugen, nur auf diese hören. Das vereinfacht das Design, reduziert die Kosten und erhöht die Erfolgschancen der Mission. Es kann schlicht weniger schiefgehen. "Die grundlegende Bauweise dieser Technik sorgt für eine Verringerung des Risikos, falls das eingebaute Radarmodul ausfallen sollte."
Zuvor gibt es noch einige Herausforderungen zu meistern. Eine davon ist die Tatsache, dass die Dekameterwellen des Jupiter sehr komplex und variabel sind. Sie werden von geladenen Partikeln generiert, die sich durch das Magnetfeld des Planeten bewegen. So kommt es zu Wellen auf Frequenzen zwischen 10 und 40 MHz. Sie sind auĂźerdem stark gerichtet. Von der Erde aus kann man diese Strahlung dementsprechend auch nur erfassen, wenn ein bestimmter Bereich des Jupiters zu uns zeigt. Die Partikel werden teilweise vom Magnetfeld des Planeten zurĂĽckgehalten.
Hinzu kommt, dass die Strahlung stark von den Interaktionen zwischen dem Magnetfeld des Jupiters und seinen Satelliten beeinflusst wird. Auch die Sonne spielt eine Rolle, weil ihr Magnetfeld wiederum mit dem des Jupiters interagiert. Das sorgt für eine hohe Komplexität.
Ein Großteil davon lässt sich durch die Gestaltung der Mission kompensieren. So soll die Sonde die Strahlung auf dem Weg zum Mond messen und die Reflexionen auf dem Rückweg. Nichtsdestotrotz dürften Datenanalysten mit den Messinformationen viel Arbeit haben.
Die ESA plant derzeit eine Mission namens JUICE ("Jupiter Icy Moon Explorer"), die 2022 in das Jupitersystem geschickt werden soll. Die NASA hat bislang weniger weit fortgeschrittene Pläne. Doch die ESA könnte die JPL-Bodenradar-Technik ja übernehmen. Beobachter erwarten, dass Details zu den Jupiter-Ozeanen in den nächsten 20 Jahren dieses Jahrhunderts vorliegen dürften. ()