Bauingenieure entdecken den Mond

In Kaiserslautern diskutieren Wissenschaftler und Ingenieure über die Rückkehr von Menschen zu unserem kosmischen Nachbarn - im Mittelpunkt stehen Aspekte der Geologie und Rohstoffnutzung, architektonische Fragen sowie medizinische Gesichtspunkte.

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  • Hans-Arthur Marsiske

Der DLR-Robonaut Justin könnte der "erste Deutsche" auf dem Mond sein.

(Bild: DLR)

Im Fraunhofer-Zentrum in Kaiserslautern hat heute das zweitägige Symposium "lunarBase – bauen für ein leben auf dem mond" begonnen. Organisiert wird die Veranstaltung vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der TU Kaiserslautern.

Es gebe ein "völlig neues Interesse am Mond", sagte Helmut J. Schmidt, Präsident der TU Kaiserslautern, bei der Eröffnung. 40 Jahre nach der ersten bemannten Mondlandung sieht er in diesem Forschungsfeld "vielfältige interdisziplinäre Anknüpfungsmöglichkeiten". Diese Möglichkeiten zu erkunden ist ein Ziel des Symposiums, das insbesondere auch Architekten und Bauingenieure ansprechen soll. In drei parallel laufenden Vortagsveranstaltungen werden heute und morgen Aspekte der Geologie und Rohstoffnutzung, architektonische Fragen sowie medizinische Gesichtspunkte behandelt. Aus 90 eingereichten Beiträgen wurden insgesamt 68 ausgewählt, die sich zu einem recht beeindruckenden Programm zusammenfügen und auf den ersten Blick den Eindruck vermitteln können, dass der erneute Aufbruch zum Mond eigentlich schon ziemlich weit fortgeschritten ist.

"Ich bin sicher, dass der Mond in den kommenden Jahren ein zentrales Ziel der Exploration sein wird", sagte denn auch DLR-Vorstandsvorsitzender Johann-Dietrich Wörner in seinem Eröffnungsvortrag. Als treibende Kraft für dieses Vorhaben sieht er die menschliche Neugier: "Der Mensch will immer das, was er nicht versteht, erkennen." Wörner weiß sogar schon, wer der erste Deutsche auf dem Mond sein wird: "Das wird ein DLR-Robonaut sein." Der zweiarmige Roboter mit humanoidem Oberkörper wird derzeit beim DLR entwickelt. Für Wörner sind bemannte Raumfahrt und Robotikmissionen kein Gegensatz. "Die bemannte Raumfahrt braucht Roboter", sagt er.

Das Ziel der europäischen Planungen ist es indessen, bei der nächsten bemannten Mondlandung einen Europäer mit dabei zu haben. Die Möglichkeiten, Europa bei den internationalen Planungen in eine bessere Position zu bringen, seien derzeit sehr günstig, sagte Bruno Gardini, Direktor für bemannte Raumfahrt bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Europa habe seit Februar 2008 endlich sein Forschungslabor Columbus an der Internationalen Raumstation (ISS). Am 3. April 2008 habe das europäische Versorgungsraumschiff ATV (Autonomous Transfer Vehicle) erstmals erfolgreich an die ISS angedockt. Und mit Frank de Winne werde demnächst der erste Europäer das Kommando auf der ISS übernehmen.

So könnte eine Mondbasis Typ 21. Jahrhundert aussehen

(Bild: NASA)

Es sei geplant, das ATV zum ARV (Advanced Re-entry Vehicle) auszubauen, mit dem Frachtgüter nicht nur zur ISS, sondern auch wieder zurück zur Erde transportiert werden können. Ab 2020 könnte dieser Raumtransporter dann auch für bemannte Flüge erweitert werden. Derzeit wird bei der ESA auch darüber nachgedacht, welche Beiträge Europa für die bemannte Erkundung des Mondes leisten könnte. Im Gespräch sind etwa ein Landegerät für Fracht, Oberflächenbauten oder Plattformen für Transporte auf der Mondoberfläche. Ein "Request for Information", mit dem sich die ESA in diesem Frühjahr an die Wissenschaftler gewandt hat, habe zu fast 200 Einreichungen aus 15 Ländern geführt.

Die Pläne bei der US-amerikanischen Weltraumbehörde Nasa sehen derzeit erste bemannte Missionen zum Mond für das Jahr 2020 vor, bei denen vier Astronauten zunächst sieben Tage auf dem Mond bleiben sollen. Ab 2022 soll die Aufenthaltsdauer verlängert werden und mit dem Aufbau einer permanent bemannten Mondbasis begonnen werden. "Derzeit befinden wir uns in einer Phase der Erneuerung unserer Transportsysteme für bemannte Missionen", sagte Bernd Hufenbach vom ESA-Forschungszentrum ESTEC im niederländischen Noordwijk. Als große Herausforderung sieht er die nachhaltige Finanzierung des ehrgeizigen Projekts. Mehrere internationale Foren sind gebildet worden, um diese und andere Herausforderungen anzugehen. So will die "International Architecture Working Group" (IAWG), die derzeit in zehn Untergruppen aufgeteilt arbeitet, bis Mitte 2010 eine Referenzarchitektur für die bemannte Rückkehr zum Mond vorlegen. Ende dieses Jahres versammelt sich zudem die 2007 gegründete "International Space Exploration Coordination Group" zu ihrem vierten Treffen.

Bei den Diskussionen in diesen Gruppen wie auch auf dem Symposium in Kaiserslautern geht es auch darum, Lehren aus den bisher im Weltraum gesammelten Erfahrungen zu ziehen. Eine davon nannte Hufenbach in seinem Vortrag: "Ein einzelnes Transportsystem reicht nicht aus." Das habe die ISS gezeigt. Die wird nach der Ausmusterung der amerikanischen Raumfähren vorübergehend nur noch mit russischen Sojus-Raumschiffen erreichbar sein. Man darf das wohl auch als dezentes Plädoyer für die Entwicklung eines eigenen europäischen Raumschiffs verstehen.

Für die 2007 vorgeschlagene deutsche Mondmission, bei der ein unbemannter Satellit Erkundungen aus der Mondumlaufbahn vornehmen soll, gibt es derzeit keinen verbindlichen Termin, erklärte DLR-Chef auf Nachfrage. Er betonte, dass die Durchführung einer solchen Mission auch zur Stärkung der Position bei internationalen Projekten erforderlich sei. Die Kosten einer solchen Mission werden derzeit mit 350 Millionen Euro beziffert. Wörner hob aber noch einmal hervor: "Wir schicken keine Geldscheine ins All. Das Geld für diese Mission wird auf der Erde ausgegeben und kommt irdischen Arbeitsplätzen zugute." (Hans-Arthur Marsiske) / (pmz)