Eltern mit IT-Berufen stellen sich gegen Internetsperren

420 Eltern mit IT-Berufen weisen in einer Erklärung Äußerungen der Kinderhilfe und des Direktors des Hasso-Plattner-Instituts zurück. Der Wirtschaftsausschuss des Bundestags hat beschlossen, eine Anhörung zu den geplanten Internetsperren abzuhalten.

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Äußerungen von Christoph Meinel, Direktor des Hasso-Plattner-Instituts und Befürworter von Internetsperren gegen Kinderpornografie, und eine Initiative der Deutschen Kinderhilfe haben den Unmut von Eltern mit IT-Berufen hervorgerufen. In einer Erklärung, die der Hamburger Blogger Hanno Zulla veröffentlicht hat, fordern sie – so wie Meinel am Wochenende – ihrerseits eine sachliche Diskussion. Unterdessen ist bekannt geworden, dass es im Bundestag eine Anhörung zu dem von der Bundesregierung im April beschlossenen Gesetzesentwurf zur Einführung von Internetsperren geben wird.

Die Deutsche Kinderhilfe hatte dieser Tage eine Unterschriftenaktion gestartet, mit der verhindert werden soll, dass eine mittlerweile von knapp 80.000 Personen unterzeichnete Petition an den Bundestag die Einführung von Internetsperren verzögert. Eine ihrer Kernforderungen lautet: "Es darf kein Grundrecht auf Verbreitung kinderpornografischer Seiten geben." Die Eltern aus IT-Berufen sehen sich dadurch diffamiert. "Unterstützer der Petition gegen Internetsperren sind keine Befürworter der Verbreitung von Kinderpornographie", heißt es in der Erklärung. Das sei eine unsachliche und bösartige Unterstellung.

Die rund 420 unterzeichnenden Familien wünschen sich wirksame Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch und Internetkriminalität. Eine technische Maßnahme sei ungeeignet zur Lösung eines gesellschaftlichen Problems. Vielmehr bräuchten Justiz und Polizei eine bessere IT-Ausbildung und mehr internationale Kooperation, damit Server, auf denen Kinderpornographie gespeichert werden, abgeschaltet werden.

Meinel hatte am Wochenende Aussagen kritisiert, wonach die Sperrung von Kinderpornographie-Seiten das Grundrecht auf Informationsfreiheit gefährdet. Dadurch würden irrationale Ängste geschürt, dass Websperren auf weitere Inhalte im Internet ausgedehnt werden. Auch im Printmedienbereich werde längst akzeptiert, dass sich die Gesellschaft gegen die Veröffentlichung verbotener Inhalte wehrt. Der Osnabrücker Jura-Professor und Rechtsanwalt Thorsten Koch hält dem entgegen, strafbare Inhalte dürften bisher schon sowohl im Printbereich als auch im Internet nicht veröffentlicht werden. Deshalb sei es bei gedruckten Texten wie bei Websites zulässig, deren Verbreitung zu verhindern, indem gegen den Urheber vorgegangen wird. Mit einer Sperrung des Zugriffs von Internetseiten habe dies aber nichts zu tun. "Zieht man eine Parallele zu Druckmedien, so kann Gegenstand des Vergleichs nur ein Verbreitungsverbot sein."

Niemand habe gefordert, im Internet müssten Inhalte gestattet sein, deren Besitz, Nutzung oder Verbreitung gesetzlich verboten sei, schreibt Koch weiter. Es gehe vielmehr darum, dass eine Behörde über die Zulässigkeit der Kenntnisnahme von Inhalten ohne gerichtliche Prüfung entscheiden soll. Jeder, der die Berechtigung der Sperrung überprüfen wolle, mache sich potenziell selbst strafbar.

Der Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages hat gestern beschlossen, am 27. Mai 2009 eine öffentliche Anhörung zum Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen durchzuführen. Die SPD-Fraktion im Bundestag sieht laut einer Mitteilung noch zahlreiche unbeantwortete inhaltliche und rechtliche Fragen. Damit sollen auch die in der Petition aufgeworfenen Kritikpunkte angemessen einbezogen werden. Die SPD-Fraktion tritt dafür ein, sowohl das Thema Kinderpornographie als auch das freie Internet mit der gebotenen Sensibilität zu behandeln. "Der wichtige Kampf gegen Kinderpornografie im Internet und die Rechte der Internet-Nutzer müssen sich nicht ausschließen."

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(anw)