IPv4: Erst wenn die letzte Adresse vergeben ist ...

Nach aktuellen Schätzungen werden im Juni 2011 die letzten "frischen" IPv4-Adressen vergeben. Die zuständigen Vergabestellen diskutieren, wie sie danach vergebene, aber ungenutzte Adressen recyclen sollen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert
  • Johannes Endres

Die IP-Adressvergabestellen (Regional Internet Registries, RIRs) bereiten sich auf den Zeitpunkt vor, wenn die letzte IPv4-Adresse vergeben ist. In allen fünf RIR-Regionen wird aktuell an Regeln für die Rückführung ungenutzter IPv4-Adressen an die zentrale Vergabestelle IANA gearbeitet. Aus diesem Pool sollen dann kleine Zuteilungen an die RIRs erfolgen.

Schon jetzt fährt das nordamerikanische RIR ARIN (American Registry for Internet Numbers) eine restriktivere Vergabepolitik. Ab 18. Mai müssen jeweils hochrangige Manager für neue IPv4-Adressanträge geradestehen und diese gegenzeichnen, bevor ARIN über eine Zuteilung entscheidet. Rund 17.000 CEOs und CTOs hat man laut ARIN angeschrieben und darüber informiert. Damit soll auch Druck zur Einführung von IPv6 aufgebaut werden.

Der Tag, an dem die IANA keine IPv4-Adressen mehr an die RIRs vergeben kann, ist statistisch gesehen erneut näher gerückt: Am 27. Juni 2011 soll es laut der viel zitierten Statistik von Geoff Huston soweit sein. Mit diesem Tag wird die bisherige IPv4-Vergabepolitik der IANA an die RIRs null und nichtig. Für den "Day After" soll dann nach den Vorstellungen aller RIRs die Neuvergabe recycelter IPv4-Adressen geregelt werden. Nur noch alle halbe Jahre erhält ein RIR dann jeweils ein Zehntel aus dem Recycling-Pool. Soweit sind sich Experten bei den fünf RIRs einig.

Noch diskutiert wird aber, wie recycelt werden muss. Bei dem für Europa zuständigen RIPE, aber auch beim APNIC (Asia Pacific Network Information Centre), hat man sich dafür ausgesprochen, freigeschaufelte IPv4-Ressourcen auf jeden Fall an die IANA zurückzugeben. ARIN möchte eine solche verpflichtende Rückgabe nur für IPv4-Adressen, die ursprünglich nicht von den RIRs vergeben wurden. Solche so genannten "Legacy"-Adressen machen immerhin rund 30 Prozent aller IPv4-Adressen aus. Die RIRs mühen sich seit einiger Zeit mit dem "Einsammeln" dieser Adressen. Bei Adressen, die dagegen von den RIRs vergeben wurden, sollen nach dem ARIN-Plan die Adressverwalter dagegen im Einzelfall über eine Rückgabe an die IANA entscheiden.

Überdies wollen die Adressverwalter sparsamer mit den letzten Adressen umgehen, die sich von der IANA bis 2011 bekommen. Fünf /8-Blöcke hat die IANA nach einer neuen Regel auf die Seite gelegt und als allerletzten Notgroschen für jedes RIRs reserviert. Die Mitglieder beim RIPE diskutieren nun Ideen, die einzelnen Zuteilungen aus ihrem letzten /8-Block in ihrer Größe zu beschränken und einen kleinen Vorrat zurückzubehalten oder die Vergabe der dann knappen Ressource an erklärte Migrationspläne für IPv6 bei den Antragstellern zu knüpfen. Die "Rest-Adressen" sollten insbesondere für IPv4-IPv6-Dual-Stack-Anwendungen vergeben werden, lautet eine andere Forderung.

Eine weiterer Vorschlag betrifft die bereist ab Juli 2010 startende sukzessive Verkürzung der Zeiträume, für die Unternehmen Adressen zugeteilt bekommen. Da die Unternehmen jeweils den Bedarf für den Zuteilungszeitraum nachweisen müssen, bedeutet dies, dass die zugeteilten Blöcke kleiner werden. Nach und nach sollen Antragsteller dann nur so viel Adressen erhalten, wie sie für neun, sechs und, am Ende ab Juli 2011, für drei Monate brauchen. Bei den RIRs selbst erwartet man die Erschöpfung der Ressourcen etwa im März 2012. Durch vorab verkleinerten Tranchen soll verhindert werden, dass ein Unternehmen mit großem Adressbedarf für ein Jahr plötzlich das letzte große Stück vom Kuchen schnappt. (Monika Ermert) / (je)