Netzneutralität: US-Regulierer legt Fundament für Überholspuren im Netz

Die FCC hat ihren umstrittenen Vorschlag für ein "Open Internet"-Regelwerk nun offiziell verabschiedet. Kritiker sehen darin den Einstieg in den Ausstieg aus der Netzneutralität.

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Die fünf Kommissionsmitglieder Ajit Pai, Mignon Clyburn, Tom Wheeler, Jessica Rosenworcel and Michael O’Rielly (v.l.n.r.)

(Bild: FCC)

Die US-Regulierungsbehörde hat am Donnerstag ihren umstrittenen Vorschlag für ein Regelwerk zur Netzneutralität offiziell verabschiedet. Mit drei zu zwei Stimmen nahm das Spitzengremium der Federal Communications Commission (FCC) den vom demokratischen Vorsitzenden Tom Wheeler unterstützten Vorschlag an. Die republikanischen Vertreter in der Kommission stimmten gegen den Vorschlag.

Damit ist ein weiterer Schritt hin zu bezahlten "Überholspuren im Netz" getan: Die FCC will Netzbetreibern die Möglichkeit geben, bestimmten Anwendungen gegen Entgelt höhere Leitungskapazitäten und Übertragungsqualitäten zu garantieren. Kritiker, darunter namhafte Unternehmen wie Google, Facebook und Microsoft sowie zahlreiche Netzaktvisten, sehen darin den Einstieg in ein Internet für Arme und Reiche. Für sie weicht die FCC das Prinzip der Netzneutralität auf, nach dem alle Datenpakete gleich behandelt werden müssen.

Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet, dass Inhalte im Internet gleichberechtigt ihren Weg finden. Vor allem Provider und Carrier wollen aber beispielsweise für Videos extra zu bezahlende Überholspuren einbauen. Für User entstünde ohne Netzneutralität ein Zweiklassen-Internet.

Nach heftiger Kritik an einer ersten Fassung seiner "Open Internet Rules" hatte der FCC-Chef seinen Vorschlag bereits abgeschwächt. Wheeler will überdies sicherstellen, dass die für kritische Dienste wie medizinische Dienstleistungen gedachten Vorfahrtsregeln nicht zum Nachteil der Verbraucher geraten sollen. Die FCC will zudem dafür Sorge tragen, dass der Wettbewerb im Netz fair bleibt. Kritiker fürchten allerdings, das Verbraucher sowie kleine Unternehmen und Startups den Kürzeren ziehen werden.

Auch in den eigenen Reihen muss der FCC-Chef Widerstände überwinden. Wheelers Parteikollegin Jessica Rosenworcel hat in der FCC zwar für den Vorstoß gestimmt, aber Bedenken geäußert, es ginge zu schnell. Sie hätte sich gerne länger mir der Folgenabschätzung beschäftigt und hält den von Wheeler eingeschlagenen Weg für fehlerhaft. "Ich hätte es anders gemacht", sagte Rosenworcel laut einem Bericht der Washington Post.

Mit der Abstimmung vom Donnerstag ist das Vorhaben aber noch nicht durch. Der Vorschlag liegt jetzt auf dem Tisch, bis Ende Juli nimmt die Behörde noch Stellungnahmen von Betroffenen an. Erst mit einer letzten Abstimmung der Kommission wird das Regelwerk gültig. Und selbst dann ist noch nicht das letzte Wort gesprochen: Eine erstes, von der Vorgängerkommission 2010 verabschiedetes Regelwerk war von den Gerichten kassiert worden, weil die FCC nach Ansicht der Richter den Unternehmen zu weitreichende Auflagen machte und damit ihre Kompetenzen überschritten hatte. (vbr)