Kritik an Plan der US-Regulierer für bezahlte Überholspuren im Internet

Ein einflussreicher US-Senator meint, die Pläne der FCC zur Netzneutralität könnten der Anfang vom Ende des Internets sein, wie wir es kennen.

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  • dpa

Die US-amerikanischen Telecom-Regulierer sind mit ihren Plänen für mögliche bezahlte Überholspuren im Internet auf scharfe Kritik gestoßen. Der am Donnerstag verabschiedete Vorschlag könne "den Anfang vom Ende für das Internet, wie wir es kennen, einleiten", erklärte der einflussreiche Senator Al Franken. Die Online-Videothek Netflix warnte, die Pläne der Telecom-Aufsicht FCC (Federal Communications Commission) könnten Diskriminierung von Unternehmen beim Zugang zum Internet legalisieren.

Die fünf Kommissionsmitglieder Ajit Pai, Mignon Clyburn, Tom Wheeler, Jessica Rosenworcel and Michael O’Rielly (v.l.n.r.)

(Bild: FCC)

Jetzt steht eine rund viermonatige Diskussion über das Konzept der FCC an. Zunächst können bis Mitte Juli Kommentare eingereicht werden, bis Mitte September ist Zeit für Antworten. Erst danach steht eine endgültige Entscheidung an.

FCC-Chef Tom Wheeler betonte, dass in der verabschiedeten abgemilderten Version der Vorschläge die Möglichkeit bezahlter Überholspuren in Internet-Leitungen nicht mehr ausdrücklich erwähnt werde. Allerdings werden sie dort auch nicht verboten. Kritiker sehen dadurch das Prinzip der Netzneutralität in Gefahr, das besagt, dass alle Daten im Netz gleich behandelt werden müssen.

Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet, dass Inhalte im Internet gleichberechtigt ihren Weg finden. Vor allem Provider und Carrier wollen aber beispielsweise für Videos extra zu bezahlende Überholspuren einbauen. Für User entstünde ohne Netzneutralität ein Zweiklassen-Internet.

Die FCC war gezwungen, ihre bisherige striktere Regelung zur Netzneutralität zu überdenken, nachdem ein US-Berufungsgericht sie nach entsprechenden Forderungen des Telecom-Konzerns Verizon gekippt hatte. Wheeler betonte nun, er sei ein Befürworter des offenen Internets und der Netzneutralität. Es gebe nur ein Internet für alle, erklärte er am Donnerstag. Ihm persönlich sei die Idee eines Zwei-Klassen-Netzes zuwider, und er werde dagegen kämpfen: "Ich werde nicht zulassen, dass der nationale Vermögenswert eines offenen Internets kompromittiert wird."

Bei einer bezahlten Überholspur ginge es im Kern darum, sich zum Beispiel für Video-Übermittlungen oder medizinische Dienste garantierte Leitungskapazitäten und Qualitätsstufen bei der Übertragung gegen zusätzliches Entgelt sichern zu können. Kritiker befürchten, dass dadurch ein Internet entstehen könnte, in dem sich reiche große Konzerne eine bevorzugte Behandlung erkaufen können, während sich kleine Start-ups mit schlechterem Service begnügen müssen. Angesichts der überwältigenden Rolle von US-Anbietern in der Internet-Wirtschaft rechnen Experten auch mit weltweiten Auswirkungen der US-Entscheidungen auf die Netzneutralität.

Die FCC verspricht, eine Diskriminierung einzelner Unternehmen zu verhindern. Zugleich wird die Idee diskutiert, das Breitband-Internet als Versorgungs-Infrastruktur einzustufen. Dies würde eine viel strengere Regulierung der Anbieter bedeuten. Am Donnerstag lehnten mehrere FCC-Kommissare eine solche Lösung jedoch ab. Die Abstimmung der FCC fiel mit drei zu zwei Stimmen knapp aus.

In den vergangenen Tagen hatte sich die Debatte über die Netzneutralität in den USA merklich aufgeheizt. Über 150 Internet-Firmen forderten in einem offenen Brief gleiches Recht für alle Daten.

Unternehmen wie Google, Facebook oder Netflix, deren Dienste große Datenmengen durchs Netz jagen, befürchten, von den Netzbetreibern systematisch zur Kasse gebeten zu werden. Im Gegenzug warnten die großen Telekom-Konzerne vor einer schärferen Regulierung von Breitband-Zugängen, weil dies nötige Investitionen gefährde. Es gibt auch Gegenentwürfe für Regelungen zur Netzneutralität – unter anderem von der Mozilla-Stiftung, die hinter dem populären Web-Browser Firefox steht. (anw)