droidcon und LinuxTag im Verbund

Android ist – im Grunde genommen – ein Linux-Derivat. Beobachter der Kongressszene wunderten sich deshalb schon seit längerer Zeit, warum man die droidcon nicht mit dem ebenfalls in Berlin stattfindenden LinuxTag kombiniert. Nun ist zusammengekommen, was offenbar zusammengehört.

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Von
  • Tam Hanna
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Android ist – im Grunde genommen – ein Linux-Derivat. Beobachter der Kongressszene wunderten sich deshalb schon seit längerer Zeit, warum man die droidcon nicht mit dem ebenfalls in Berlin stattfindenden LinuxTag kombiniert. Nun ist zusammengekommen, was offenbar zusammengehört.

Als Austragungsort wurde die von der re:publica bekannte Station Berlin ausgewählt. Da sich die beiden Veranstaltungen um einen Tag überlappten, gab es Spielraum für die interdisziplinäre Diskussion. Leider endete die Zusammenarbeit bei den Talks: Hier waren die beiden Events auf strenge Trennung erpicht.

droidcon und LinuxTag 2014 (7 Bilder)

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Die Anmeldung zum Kongress war überlaufe.

droidcons richten sich seit jeher an Entwickler. So bot auch das diesjährige Kongressprogramm viele Vorträge für Programmierer von Android-Applikationen an. Intel präsentierte zum Beispiel zwei Sessions, die sich mit den Besonderheiten von Android für x86-Prozessoren beschäftigten. Entwickler von Custom ROMs hingegen durften sich über Präsentationen freuen, die sich mit dem Erstellen selbstgemachter Firmware befassten.

In Entwicklungsländern sind Telefone mit wenig Speicher weit verbreitet. Ein Programmierer von Facebook nahm sich daher der Frage nach effizientem Bitmap-Management an, andere Vorträge zeigten Methoden zur Optimierung des Speichermanagements. Die – bemerkenswerte – Grundidee des auf der mobilen Denkfabrik im Detail beschriebenen Vortrags von Facebook war, dass man die platzfressenden Pixeldaten vom Rest des Bitmaps losgelöst sehen muss. Auf gut Deutsch bedeutet dies, dass die Daten erst dann dekomprimiert werden, wenn die Grafik freigegeben wird.

Der Keynote-Vortrag von Sony erschöpfte sich in einer langweiligen Vorstellung der Produktpalette. Dafür bot das Unternehmen interessante reguläre Vorträge: Die Idee der Gamifizierung des Telefonbetriebssystems wird Nutzern in Zukunft jede Menge Handbuchstudium ersparen. Die Konvergenz wird durch eine neue API verbessert, die Entwicklern die Fernsteuerung einiger Kameras aus dem Hause Sony erlaubt.

Auch sonst gab es im Geschäftsbereich einige "Fixpunkte": Neben Top-Listen mit Antipatterns wurden die Teilnehmer mit einem neuen Monetarisierungssystem auf Basis von Umfragen vertraut gemacht. In beiden Fällen zeigten die Sprecher nichts wirklich Bahnbrechendes – in Marketing und Optimierung geht es eben oft darum, an sich logische Tatsachen auch in die Praxis umzusetzen.

Google steuerte einen Experten aus dem Testteam bei, der über Neuerungen im Bereich JUnit referierte. Als größte Ankündigung ist hier anzuführen, dass JUnit 4 bald auch unter Android läuft. Über die ebenfalls thematisiert und auf Cucumber basierende Testsoftware Calaba.sh lässt sich vortrefflich streiten. Vom Konzept her an WebDriver angelehnt testet sie Programme, indem sie sie mit simulierten Benutzereingaben traktiert. Leider ist die an natürlichen Sprachen angelehnte DSL alles andere als kompakt.

Das Programm des LinuxTags richtet sich – nomen est omen – an die Bedürfnisse engagierter Benutzer des quelloffenen Betriebssystems. Hier tat sich die Vortragsserie zu VM-Verwaltungswerkzeugen besonders hervor: Aufmerksame Teilnehmer richten ihre virtuellen Maschinen fortan per Skript ein. Das hat insbesondere dann Vorteile, wenn die VMs in einem je nach Last skalierenden Cluster zum Einsatz kommen – das manuelle Auf- und Abbauen sorgt für unnötige Latenz bei der Skalierung, die bei Systemen wie EC2 zu unnötigen Kosten führt.

Kernelhacker kamen in einigen themenbezogenen Vorträgen auf ihre Kosten. Christoph Stoidner überraschte mit einer Präsentation zum Thema echtzeitfähiges Linux im SPS-Bereich. Von klassischen Mikrocontrollern herüberblickende Programmierer gehen nämlich davon aus, dass das Erstellen einer "unter Linux laufenden" speicherprogrammierbaren Steuerung aus der Portierung des notwendigen Programms besteht. Das ist falsch: Die Realisierung der diversen auf SPS-Systemen vertretenen Protokolle reicht aus, um einen einzelnen Entwickler wochenlang zu beschäftigen.

Der Aufbau einer neuen Zusammenarbeit nimmt immer einige Zeit in Anspruch. Auch mit gutem Willen lässt sich die eine oder andere organisatorische Schwäche von droiscon und LinuxTag nicht wegdiskutieren, die Location war in mancherlei Hinsicht nicht optimal.

Aus fachlicher Sicht gibt die Kongresskombination indes keinen Anlass zur Kritik. Die Vorträge waren durch die Bank ansprechend, die Teilnehmer nahmen den einen oder anderen Impuls mit nach Hause. Aufgrund des geringen Preises lohnte sich die Teilnahme auf jeden Fall.

Tam Hanna
befasst sich seit der Zeit des Palm IIIc mit Programmierung und Anwendung von Handheldcomputern. Er entwickelt Programme für diverse Plattformen, betreibt Onlinenews-Dienste zum Thema und steht für Fragen, Trainings und Vorträge gern zur Verfügung.
(ane)