Spanien diskutiert ĂĽber "Regulierung" sozialer Netzwerke
Nach dem Mord an einer spanischen Politikerin und freudigen Reaktionen auf Twitter dazu, diskutiert das Land über eine schärfere Regulierung derartiger Portale. Der Innenminister forderte eine "Reinigung" der sozialen Netzwerke.
HasserfĂĽllte Kommentare und Aufrufe zum Mord an Politikern auf Twitter haben in Spanien eine Diskussion ĂĽber die Freiheit sozialer Netzwerke ausgelöst. Hintergrund der Debatte ist die Ermordung von Isabel Carrasco, der Regierungschefin der Provinz LeĂłn im Nordwesten des Landes. Vor allem auf Twitter hatten danach Nutzer ihre Freude ĂĽber den Tod der umstrittenen Politikerin geäuĂźert. Vergangenen Dienstag erklärte daraufhin der spanische Innenminister Jorge Fenández DĂaz, die sozialen Netzwerke mĂĽssten "gereinigt werden".
(Bild:Â dpa / heise online)
Die konservative Politikerin Isabel Carrasco (Partido Popular) war am 12. Mai auf offener StraĂźe durch fĂĽnf SchĂĽsse getötet worden. Die Tat bereits gestanden hat eine 55-jährige Frau, deren 35-jährige Tochter von Carrasco vor drei Jahren entlassen worden. Die mächtige Carrasco, die die politische Karriere der Frau damals beendete, war seit Jahren äuĂźerst umstritten. Unter anderem hatte El PaĂs Ende 2011 enthĂĽllt, dass sie gleichzeitig Geld fĂĽr zwölf verschiedene Jobs bekam. Vor allem auf Twitter waren nach ihrer Ermordung nicht nur Nachrichten des Bedauerns veröffentlicht worden, eine ganze Reihe von Nutzern drĂĽckte stattdessen Freude darĂĽber aus.
Freude ĂĽber einen Mord
Solche Kommentare, die unverhohlene Freude oder zumindest Verständnis für den Mord ausdrückten kamen sogar von Politikern. Zwei weibliche Stadträte traten von ihren Posten zurück, nachdem Kritik an ihren Status-Updates laut geworden war. Eine hatte geschrieben, "wer Wind sät, erntet Sturm". Die andere hatte einen Politiker gewarnt, "denn die Menschen, die von öffentlichen Geldern reich werden, werden am Ende dafür bezahlen. Das sieht ganz so aus wie Sinaloa ha ha". Damit spielte sie offenbar auf das berüchtigte Sinaloa-Kartell im Westen Mexikos an.
Vergangenen Freitag wurde auĂźerdem ein 19-Jähriger vorĂĽbergehend festgenommen. Er hatte auf Twitter geschrieben: "Da sind noch jede Menge ĂĽbrig zum Töten. Nennt mich radikal, aber so ist es halt. Wir brauchen mehr abgegebene SchĂĽsse." AuĂźerdem habe er um eine AK-47 (Kalaschnikow) gebeten, um Politiker töten zu können. Wie El PaĂs berichtet, ist er inzwischen wieder auf freiem FuĂź, muss sich aber regelmäßig beim zuständigen Gericht melden.
Ruf nach Konsequenzen
Diese Geschehnisse haben auch Politiker der oppositionellen Sozialdemokraten (Partido Socialista Obrero Español) auf den Plan gerufen. So erklärte der Parlamentsabgeordnete Pepe MartĂnez Olmos auf seinem Blog, nun sei der Moment gekommen, "die sozialen Netzwerke zu regulieren". Denn nicht alles dort sei wertvoll, vor allem wenn es sich um Gewaltaufrufe beziehungsweise Beschimpfungen von Personen oder Institutionen handle. Die Polizeigewerkschaft UFP forderte ihrerseits, die Festlegung neuer Straftatbestände, die ĂĽber Beleidigung und Verleumdung hinausgingen. Die Gewalt, "die massenhaft ĂĽber das Internet ausgeĂĽbt wird", mĂĽsse kriminalisiert werden. (mho)