TV-Sender drängen ins Internet
RTL präsentierte gestern seine Pläne für eine groß angelegte Internet-Offensive. Die anderen Fernsehanstalten sehen dem nicht tatenlos zu.
Der Fernsehsender RTL präsentierte gestern seine Pläne für eine groß angelegte Internet-Offensive. Mit einer halben Milliarde Mark will das Unternehmen seine in diesem Monat gegründete Tochter RTL Newmedia fit für die neuen Medien machen. Die Firma bündelt in Zukunft die Bereiche Internet, Teletext, WAP und den elektronischen Programmführer (EPG). Einen besonders hohen Stellenwert für RTL Newmedia habe die Verschmelzung von Internet und digitalem TV.
Damit will Sender-Chef Gerhard Zeiler eine zweite Säule neben dem TV-Geschäft aufbauen, die die abnehmenden Wachstumsraten im TV-Geschäft auffängt. Zudem sollen Einkünfte aus einem baldigen Börsengang der jungen Tochter die in den nächsten Jahren nach Zeitungsberichten bei RTL erwarteten Verluste von rund 500 Millionen Mark ausgleichen. Ein Zeitpunkt für den Börsengang stehe jedoch noch nicht fest.
Das neue Internet-Portal von RTL soll im Juni online gehen und in die Bereiche Programme, Warenverkauf sowie Chat- und E-Mail-Dienste aufgeteilt sein. Der Internet-Handel soll langfristig die Haupteinnahmequelle darstellen. Dabei setzt RTL auf ein Partnerschaftsmodell, das in den USA insbesondere von CBS etabliert wurde. Der Sender erwirbt Beteiligungen an Internet-Händlern und bezahlt diese mit TV-Werbezeit. Erste Partnerschaften entstehen mit dem Auktionshaus Andsold und der Metro-Tochter Primus Power Shopping.
Aber auch die Konkurrenz schläft nicht, obwohl sie sich mit vollmundigen Investitionsankündigungen zurückhält. Sat.1 plant ebenfalls einen Ausbau seines Online-Angebots. Insbesondere Unterhaltungssendungen wie Single-Dating-Shows oder Quiz-Sendungen sollen in Zukunft viel stärker mit dem Netz verknüpft werden, erklärte eine Sprechen des Senders gegenüber c't. Zudem erarbeitet der Sat.1 seit etwa einem Jahr ein Konzept, um digitales TV und E-Commerce zu verbinden. Beim ZDF läuft eScript, ein Projekt für ein interaktives Drehbuch. Internet-Nutzer sollen aktiv an der Gestaltung des vierten Teils der Wilsberg-Krimi-Reihe teilnehmen und in Foren ihre Meinung zu den neuesten Entwicklungen äußern. Mit Intercast, allerdings auf analoger Basis, testete das Zweite die Möglichkeiten einer direkten Verknüpfung von Internet-Inhalten und Fernsehprogramm, erklärt ZDF-Pressesprecher Kehr. In diversen Sportsendungen, im Kinderprogramm, oder bei Wiso seien Links zu ergänzenden Web-Seiten hergestellt worden, die der Zuschauer direkt ansteueren könne. Die ARD hat einen Online-Kanal eingerichtet, der multimedial aufbereitete Inhalte zu Bereichen wie Nachrichten, Umwelt oder Reise bietet. Zum Standard der meisten Sender gehören mittlerweile auch elektronische Programmführer für das digitale Fernsehen. (atr)