Amazons Verhandlungsmethoden: "Inwiefern ist das keine Erpressung?"

Amazon will mehr Geld an verkauften Ebooks verdienen und übt deswegen mit verspäteten Lieferungen und fragwürdigen Methoden Druck auf die Verleger aus. Autoren und Verlage sprechen nun offen von Erpressung.

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Von
  • Hannes A. Czerulla

Die Gefahren eines Monopols zeigen sich erst, wenn es zum Konflikt kommt – so wie gerade zwischen Amazon und verschiedenen Bücherverlagen weltweit. Der Versandhändler will größere Gewinnmargen bei Ebooks einstreichen, und deswegen handelt er mit den Verlagen gerade neue Verträge aus – anstatt den üblichen 30 Prozent sollen die Verlage 40 bis 50 Prozent Rabatt auf die Bücher geben. Um seine Interessen in den Verhandlungen durchzusetzen, liefert Amazon Bücher der betroffenen Verlage später aus, erhöht die Preise oder nimmt die Bücher zeitweise aus dem Sortiment. In Deutschland ist die Bonnier Media Group betroffen, in den USA hauptsächlich Hachette. Außer den Verlagen leiden vor allem die Autoren unter den fehlenden Einnahmen, obwohl sie eigentlich nicht an dem Konflikt beteiligt sind.

Passenderweise gehört Brad Stones Amazon-Kritik zu den betroffenen Büchern, die der Versandhändler nicht mehr anbietet. In Deutschland ist es weiterhin erhältlich.

Gegenüber der New York Times und über die sozialen Medien haben sich nun einige der Verlagsvertreter und Autoren geäußert. Viele von ihnen reagieren mit Frust, Angst oder Wut. "Inwiefern ist das keine Erpressung?", fragt beispielsweise Dennis Loy Johnson vom US-amerikanischen Verlag Melville House. Wenn die Mafia so etwas täte, sei es illegal. Auch die US-amerikanische Authors Guild, in der viele Autoren organisiert sind, warf Amazon vor, illegal zu handeln: "Amazon hat eindeutig erhebliche Marktmacht und missbraucht diese Marktmacht um seine Dominanz zu erhalten und zu verstärken, was wahrscheinlich gegen Paragraph 2 des Sherman Antitrust Act verstößt", sagte Jan Constantine, Chefanwalt der Gilde. Das angesprochene Gesetzt regelt seit über 100 Jahren das US-amerikanische Wettbewerbsrecht.

Die deutschen Buchhändler sehen den Konflikt nun in Deutschland angekommen: "Es scheint, als mache Amazon auf dem deutschen Markt nun genau das Gleiche wie auf dem US-Markt: Es nutzt seine dominante Position, um die Verlage zu erpressen", so der Hauptgeschäftsführer des Börsenverein des Deutschen Buchhandels.

Der einzige, der sich nicht äußert, ist Amazon. Chef und Gründer des Unternehmens Jeffrey P. Bezos bestärkte vor kurzem auf der jährlichen Hauptversammlung die verschlossene Haltung: "Wir reden nur, wenn wir etwas zu sagen haben." Nur gegenüber Bonnier soll Amazon zugegeben haben, dass die verspäteten Lieferungen im Zusammenhang mit den aktuellen Verhandlungen stünden. Bonniers Geschäftsführer Christian Schumacher-Gebler bestätigte: "Amazon gab uns gegenüber zu, dass die verspäteten Lieferungen im direkten Zusammenhang mit den momentanen Verhandlungen über den elektronischen Büchermarkt stehen."

Unabhängige Bücherhändler versuchen indessen, Amazons Embargo für sich zu nutzen und verkündeten, dass sie ohne Verzögerung Bücher von den betroffenen Verlagen liefern können. Einige amerikanische Handelsketten wie Books-a-Million geben sogar bis 30 Prozent Rabatt auf die betroffenen Bücher. (hcz)